Sonett

Und jeden Tag geb ich in Deine Hände
Dir meine Seele dankesfroher hin
und weiß: mich zu verlieren, ist Gewinn,
weil ich mich nur in Deinem Licht vollende.

Daß ich so ganz mich täglich zu Dir wende,
ist, weil ich sonst nur eine Summe bin
von Taten und Gedanken ohne Sinn
und überall ein Anfang, nirgends Ende.

Ein Gott steht hinter diesen schlechten Dingen,
die sich in tollem Wechsel wirbelnd reihn,
und hält in einer Hand die vielen Sinne,

und Deine Fülle gießt auch den geringen
Gefäßen meines Lebens Inhalt ein,
und selig werd ich meiner Einheit inne.

Collection: 
1910

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