•      Wer vernimmt mich? ach! wem soll ich’s klagen?
    Wer’s vernähme, würd’ er mich bedauern?
    Ach! die Lippe, die so manche Freude
    Sonst genossen hat und sonst gegeben,
    5 Ist gespalten, und sie schmerzt erbärmlich.
    Und sie ist nicht etwa wund geworden,
    Weil die Liebste mich zu wild ergriffen,
    Hold mich angebissen, daß sie fester
    Sich des...

  • Liebeszuruf.

         Der freche Tag ist hingegangen,
    Verschämt der Abend niedersinkt,
    Wo, stille Küsse zu empfangen,
    Mir die verschämte Liebe winkt.
    5
         Gemach! – Bald[1] webt die Dämmrung dichter
    Sich über Flur und Straße hin –
    Daß nicht die gaffenden Gesichter
    In ihrer Neugier Netz uns ziehn!
         Wie...

  • Lied der Nixen.

    Ihr Knaben, rosig wie der Mai,
    Der Tag ist schwül, herbei! herbei!
         Flink tummelt euch zum Bade!
    Kennt ihr der Nixen muntre Schaar,
    5 Von Auge schwarz und grün von Haar?
         Sie lauscht am Schilfgestade.

    Wer uns die Händchen herzhaft reicht,
    Und wann die Fluth ans Kinn ihm steigt
         Nicht bang’ um Hülfe...

  •    
              Lied des Lebens.

         Flüchtiger als Wind und Welle
    Flieht die Zeit; was hält sie auf?
    Sie genießen auf der Stelle,
    Sie ergreifen schnell im Lauf;
    5 Das, ihr Brüder, hält ihr Schweben,
    Hält die Flucht der Tage ein.
    Schneller Gang ist unser Leben,
    Laßt uns Rosen auf ihn streun.

         Rosen; denn die Tage sinken...

  • [54]
    Lied einer jungen Mutter an ihr ungeborenes Kind.

               (Nov. 1783).

    (Mit einer Composition von Hrn. Kapellmeister Schulze).

    Wenn sich früh’ der Morgen röthet,
    Fühl’...

  • Lied eines Gefangenen.
    Eine Spanische Romanze.

         Wohl ist nun der schöne Maimond,
    Da die Lüftchen wehn im Thal,
    Da die Lerche lieblich singet,
    Lieblich singt die Nachtigall.

    5      Da sich Treugeliebte wieder
    Neu dem Dienst der Liebe weihn;
    Und ich armer sitz’ im Kerker,
    Sitze traurig und allein,

         Weiß nicht, wenn...

  •   
                        Lilie und Rose.

         Lilie der Unschuld, und der Liebe Rose,
    Wie zwo schöne Schwestern, steht ihr bei einander:
    Aber wie verschieden!

         Du der Unschuld Blume, bist dir selbst die Krone:
    5 Ohne Schmuck der Blätter, auf dem nackten Zweige,
    Schützest du dich selber.

         Du von Amors Blute tief durchdrungne Rose...

  • Um Mitternacht, in Schnee und Sturm,
         Schleich’ ich zu Dir hinauf;
    ’Ne junge Maid sucht Deinen Thurm:
         Lord Gregory, mach’ auf!

    5 Verstoßen aus dem Vaterhaus,
         Aus Lieb’ für Dich allein;
    O, zeig’ mir Mitleid, komm heraus,
         Wenn’s Liebe nicht kann sein! –

    Lord Gregory, kennst Du die Schlucht,
    10      Den Irwin-Fluß...

  • [13] Lyde,
    eine Erzählung.

    Euer Beyfall macht mich freyer,
    Mädgen, hört ein neues Lied.
    Doch verzeyht, wenn meine Leyer
    Nicht von jenem heil’gen Feuer
    5 Der geweyhten Dichter glüht.

    [...

  • Macht der Liebe.
    Nach dem Spanischen.
    Liebe wechselt Berg und Thale,
    Machet Höhn und Tiefen gleich,
    Diese Flur zum Göttersaale,
    Jenen Hain zu Paphos Reich.
    5 Wer geliebet wird und liebte,
    Schäfer oder Schäferinn,
    König dünkt sich der Geliebte,
    Die Geliebte Königinn.

    Welch ein Ton von zarten Saiten
    10 Singet meinen...