1. 1900

  • Abschied

         [26] ABSCHIED

    Es ertrinken die Sterne
    In tiefem Blau.
    Des Morgens Kahn ziehn ferne
    Schimmernde Segel,
    5 Zeigen uns, wie unergründlich tief
    Die schwindende Nacht ist.

    Freund! Gefahr...

    Otfried Krzyzanowski

  • Abschied

    [162] Abschied

    Die Sinnlichkeit gibt mir Abschiedsfest;
    Das sind kuriose Gestalten,
    In Binden gewickelt, in Schienen gepreßt,
    Und kaum mehr festzuhalten.

    5 Die strahlende Nacktheit such’ ich so bang,...

    Frank Wedekind

  • Abschied und Wiederkehr

    Löst sich die Lust von ihrem letzten Lohn,
    so klammert sich ans Herz ein Klageton.

    O ewiger Abschied ewiger Wiederkehr —
    wohin entrinnst du und wo kommst du her!

    5 Du Echo, das mit einer Nymphe ruft
    in der Geschlechter unnennbare Kluft!

    Du Stimme, die mit einer Nymphe weint,
    weil die Natur so trennt, was sie vereint —

    Schmerzvoller...

    Karl Kraus

  • Abschied von Renée

    [58] Abschied von Renée

    Wann sieht ein Walfisch wohl je
    Ein Reh? –
    Ach du! Renée!
    Und führen wir zusammen auf See,
    5 Wir landeten bei den Wilden. –
    Sag: Ist es nicht noch schöner,...

    Joachim Ringelnatz

  • Abschiedsworte an Pellka

    [31] Abschiedsworte an Pellka

    Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde,
    Du Ungleichrunde,
    Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
    Du Vielgequälte,
    5 Du Gipfel meines Entzückens.
    Jetzt kommt...

    Joachim Ringelnatz

  • Abseits (Haller)

    [21] Abseits

    Wie grün über mir, wie still der Wald!
    Die Gräser der Mulde, das Laub am Dach
    So grün, wie es nirgends grüner mag sein...

    Paul Haller

  • Abzähl-Reime

    Bülow, Nolle, Witte, Zoo...
    Auf dem Dache sitzt ein Floh,
    Der sich nicht zu helfen wo.

    Konikoki Kakadu...
    Rose auf und Rose zu.
    Ferkel Ei und Ferkel Zwei.
    Wer nicht fehlt ist mit dabei.

    Stachus, Kios, Kaos, Kies,
    Spinne, Speise, Scheiße, schieß.
    Sexu Elefant Asie.
    Fische haben nie kein Knie.

    Joachim Ringelnatz

  • Achtundvierzig

    [45] Achtundvierzig

    Siebzig Jahre ist das nun her.
    Siebzig Jahre wiegen so schwer.
         Schwarz-rot-goldene Fahnen flatterten,
         Vater Wrangels[1] Musketen knatterten –
    5  ...

    Kurt Tucholsky

  • Ad notam

    [19] Ad notam.

    Nachts bis drei Uhr
    im Café wichtig tun und dösen,
    wenn ich eure Fratzen seh,
    wünsch ich mir den Bösen.

    5 Und ihr schnüffelt
    und ihr grunzt mit gefurchten Mienen
    über eure Pseudokunst,...

    Klabund

  • Adam

    [38] ADAM

    Staunend steht er an der Kathedrale
    steilem Aufstieg, nah der Fensterrose,
    wie erschreckt von der Apotheose,
    welche wuchs und ihn mit einem Male

    5 niederstellte über die und die.
    Und er ragt und freut...

    Rainer Maria Rilke