1. Heinrich Heine

  • Ein Weib

    Sie hatten sich beide so herzlich lieb,
    Spitzbübin war sie, er war ein Dieb.
    Wenn er Schelmenstreiche machte,
    Sie warf sich auf’s Bett und lachte.

    5 Der Tag verging in Freud und Lust,
    Des Nachts lag sie an seiner Brust.
    Als man in’s Gefängniß ihn brachte,
    Sie stand am Fenster und lachte.

    Er ließ ihr sagen: O komm zu mir,
    10 Ich...

    Heinrich Heine

  • Enfant Perdu

    [201]
     XX.
     Enfant Perdu.

    Verlor’ner Posten in dem Freiheitskriege,
    Hielt ich seit dreißig Jahren treulich aus.
    Ich kämpfte ohne Hoffnung, daß ich siege,
    Ich wußte, nie komm’ ich gesund nach Haus.

    ...

    Heinrich Heine

  • Epilog

         Wie auf dem Felde die Weizenhalmen,
    So wachsen und wogen im Menschengeist
    Die Gedanken.
    Aber die zarten Gedanken der Liebe
    5 Sind wie lustig dazwischenblühende,
    Roth’ und blaue Blumen.

    Roth’ und blaue Blumen!
    Der mürrische Schnitter verwirft Euch als nutzlos,
    Hölzerne Flegel zerdröschen Euch höhnend,
    10 Sogar der hablose...

    Heinrich Heine

  • Erinnerung

    [174]
     VI.
     Erinnerung.

    Dem Einen die Perle, dem Andern die Truhe,
    O Wilhelm Wisetzki, du starbest so fruhe –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.[1]

    Der Balken brach...

    Heinrich Heine

  • Erklärung

         Herangedämmert kam der Abend,
    Wilder tos’te die Fluth,
    Und ich saß am Strand, und schaute zu
    Dem weißen Tanz der Wellen,
    5 Und meine Brust schwoll auf wie das Meer,
    Und sehnend ergriff mich ein tiefes Heimweh
    Nach dir, du holdes Bild,
    Das überall mich umschwebt,
    Und überall mich ruft,
    10 Ueberall, überall,
    Im Sausen des...

    Heinrich Heine

  • Es blasen die blauen Husaren

         Es blasen die blauen Husaren,
    Und reiten zum Thor hinaus;
    Da komm’ ich, Geliebte, und bringe
    Dir einen Rosenstrauß.

    5      Das war eine wilde Wirthschaft,
    Viel Volk und Kriegesplag’!
    Sogar in deinem Herzchen
    Viel Einquartierung lag.

    Heinrich Heine

  • Es erklingen alle Bäume

         Es erklingen alle Bäume
    Und es singen alle Nester –
    Wer ist der Kapellenmeister
    In dem grünen Waldorchester?

    5      Ist es dort der graue Kibitz,
    Der beständig nickt, so wichtig?
    Oder der Pedant, der dorten
    Immer kukkukt, zeitmaßrichtig?

         Ist es jener Storch, der ernsthaft,
    10 Und als ob er dirigiret’,
    Mit dem...

    Heinrich Heine

  • Es fällt ein Stern herunter

         Es fällt ein Stern herunter
    Aus seiner funkelnden Höh’;
    Das ist der Stern der Liebe,
    Den ich dort fallen seh’.

    5      Es fallen vom Apfelbaume
    Der weißen Blätter viel;
    Es kommen die neckenden Lüfte,
    Und treiben damit ihr Spiel.

         Es singt der Schwan im Weiher,
    10 Und rudert auf und ab,
    Und immer leiser singend,...

    Heinrich Heine

  • Es haben unsre Herzen

         Es haben unsre Herzen
    Geschlossen die heil’ge Allianz;
    Sie lagen fest an einander,
    Und sie verstanden sich ganz.

    5      Ach, nur die junge Rose,
    Die deine Brust geschmückt,
    Die arme Bundesgenossin,
    Sie wurde fast zerdrückt.

    Heinrich Heine

  • Es hat die warme Frühlingsnacht

         Es hat die warme Frühlingsnacht
    Die Blumen hervorgetrieben,
    Und nimmt mein Herz sich nicht in Acht,
    So wird es sich wieder verlieben.

    5      Doch welche von den Blumen all’n
    Wird mir das Herz umgarnen?
    Es wollen die singenden Nachtigall’n
    Mich vor der Lilje warnen.

    Heinrich Heine