In der Brigittenau bei Wien wogt fahles, dürres Gras im Winde,
Und wenn wir suchend niederknien und streichen es beiseit gelinde
Mit düstrem Blick und bleichem Mund, in wehmutsvollem, weichem Mute,
So finden wir den Fleck im Grund, der dunkel ist von edlem Blute,
Den Fleck, auf den wir schmerzerfüllt mit stummem Fluch die Lippen pressen,
Weil hier als Held geendet hat ein Mann, den nimmer wir vergessen:
Ein schlichtes Kind des Volkes nur, kein stolzer Sproß von hohem Adel,
Doch treu bis in den Tod dem Schwur, ein Ritter ohne Furcht und Tadel,
Ein Mann von echtem Schrot und Korn, der nie geschwankt und nie geheuchelt
Und den der Soldateska Zorn standrechtlich und brutal gemeuchelt.
Der Mann, der seinen Tod befahl in jenen herbstlich-düstren Tagen.
War ein stupider Korporal trotz aller Stickerei am Kragen,
Das aber hat er doch gefühlt mit dem Instinkte der Beschränkten,
Daß er sein Mütchen hier gekühlt am Mann der Armen und Gekränkten,
Daß er verlöscht ein edles Licht und daß die Schüsse seiner Henker
Ein Faustschlag waren ins Gesicht des Volks der Dichter und der Denker.
Es brachte Ehre ein und Ruhm den grinsenden Gamaschenknöpfen,
Daß sie gefällt den Robert Blum, den edelsten von allen Köpfen.
Doch weiter hat sie nichts erreicht, die Tat besternter Henkersknechte,
Denn vor des Volkes Droh’n erbleicht, was Todfeind seiner ew’gen Rechte.
Und ob sie noch so patzig auch auf ihre Bajonette pochen –
Sie zittern doch vor jedem Hauch, es sitzt das Graun in ihren Knochen.
Und dieses Volk, das wie die Flut die höchsten Dämme weggefressen,
Hat seiner edlen Opfer Blut, hat seine Toten nicht vergessen
Und nennt sein bestes Eigentum die stummen, tiefen, wilden Schmerzen,
Die um den braven Robert Blum es eingepflanzt Millionen Herzen.
Und wenn seitdem es wie ein Fluch auf Habsburg liegt und seiner Sippe,
Wenn rastlos der Geschichte Buch von denen mit der dicken Lippe
Tragödien nur zu melden weiß, wie kein Poet sie je erdichtet,
Tragödien düster, wild und heiß, so hat die Nemesis gerichtet,
Die jeden Frevel rächt und sühnt, den man verübt frivolen Mutes
Und die zu strafen sich erkühnt auch Erben kaiserlichen Blutes.
Doch sie ist streng nicht bloß, auch mild: im Namen der gewalt’gen Dreiheit
Legt einen Kranz sie um das Bild des Märtyrers der deutschen Freiheit.
Robert Blum
More from Poet
-
(1889.)
Als zu des schönen Friedensfestes Feier
Die Reiche alle la belle France entbot,
Da barg ein jedes hinter dichtem Schleier
Der Wange züchtiges, verschämtes Roth.
Von jedem kam ein höflich kühles Schreiben –
Sie lehnten... -
(1890.)
Das giebt ein ehrenreiches Jahr!
Du zwanzigster des Februar,
Wir werden dein gedenken
In hoher Lust, in Mannesstolz,
Bis sie im Sarg von Tannenholz
Uns in die Erde senken.Nach langer Nacht ein glorreich Licht!
... -
So oft ich noch zu Büchern der Geschichte
Geflüchtet mich in stiller, tiefer Nacht,
Der ernsten Sammlung tragischer Gedichte,
Wie sie kein Träumer brennender erdacht,
Hab’ ich die Blätter umgewandt mit Beben
Und scheu geschlossen das gewicht’ge Buch,
... -
(Letzte Nummer des „Sozialdemokrat,“ 27. Sept. 1890.)
Ihr habt über ihn das Exil verhängt,
Ihr Ritter von Bibel und Säbel;
Ihr habt an den Fuß ihn der Gletscher versprengt
Und in Englands stickige Nebel;
Doch hat er sich allzeit der Feinde... -
Ich habe kaum ein Wort mit dir gesprochen,
Ich habe kaum ins Auge dir gesehn,
Und dennoch hast du meinen Stolz gebrochen –
Ein süßes Wunder ist an mir geschehn;
Doch ward die Saat des Glückes, kaum entsprossen,
Von scharfer Sichel nieder auch gemäht –
...