Ich arme, kleine Rose,
Ich steh an ihrem Fenster
Und soll ihr Fenster schmücken -
Doch ach, die Augen aller
Sehn nur nach meiner Herrin,
Und keines sieht nach mir hin!
Bin ich denn nicht die Rose,
Die Königin der Blumen,
Warum denn schaut ihr mich nicht,
Und schaut nur nach der Herrin?
Strahl ich nicht rötlich schimmernd,
Von Purpur übergossen? -
Zwar ihre zarten Wangen
Färbt Morgenrot, wie meine,
Und gern, wie gerne! tauscht ich!
Seht meine schlanken Stengel -
Zwar schlank ist sie wohl selber,
Und wer sie darf umfassen,
Gern mißt er meine Dornen.
Doch was gleicht meinen Knospen
Im Westwind lieblich spielend?
Und doch - als sie am Fenster
Sich, niederschauend, beugte,
Gewahrt ich Zwillingsknöspchen,
Gleich meinen rund und härtlich,
Gleich meinen halbgeschlossen,
Gleich meinen rötlich strahlend,
Gleich meinen leise wogend
Und strebend nach Enthüllung.
Doch seht im Blätterdunkel
Den vollen Kelch der Rose,
Mit kleinem Laub umsäumet,
Vom Rande, voll und schwellend,
Nach innen sanft sich wölbend,
In holder Scham errötend,
Ein Labyrinth von Blättern,
Die selber sich beschattend,
Gleich einer Grotte Dunkel,
Sich tief und immer tiefer
In Dämmernacht verlieren. -
Wann saht ihr an der Herrin
Wohl einen Reiz, gleich diesem?
Darin mag sie mir gleichen,
Dann will ich erst ihr weichen,
Dann reich ich ihr die Krone,
Und nenne sie die Rose,
Ich sie, die Rose selber.