Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer

  • Phantasie,
    nach Shakespeare.

    Woher kam die Phantasie?
    Aus dem Kopf, dem Herzen? wie?
    Wer erzog, wer nährte sie?
    Sag’, o! sag’ es, kennst du sie!
    5      In der Augen Thau erzeugt,
         Unter Seufzern aufgesäugt,
         Ward die Wiege, die...

  • Mathilde.

    Was regt sich leis’ im Herzen?
    Was macht mich roth und blaß?
    Was quält mit tiefen Schmerzen
    Die Seel’ ohn’ Unterlaß?
    5      Heischt Liebe diese Thränen?
         Schwellt ihr Gebot die Brust?
         Und träumt geheimes Sehnen
         Von...

  •  Königin Kobold.
    Bündische der Geisterstaaten,
    Nie gesehn und oft errathen,
    Mitternächtlich eingehüllet,
    Daß ihr euren Dienst erfüllet,
    5      Horchet, über Sumpf und Ried
         Ladet euch der Unken Lied.
    Reif zum Lohn und reif zu Strafen
    ...

  • Die Boten.

    Berget euch im Hauch der Winde,
    Meine Seufzer, fächelt linde
    Der Geliebten Angesicht.

    Eilt das Bächlein anzuschwellen,
    5 Meine Thränen, das die Wellen
    An der Spröden Wohnung bricht!

    Sagt ihr dann mit leisem Sehnen:
    Wir sind...

  • Der Weltgeist.

         Als du vom Himmel kamst, selige Liebe,
    Weckten dein leises Wort schlafende Triebe,
    Senkte sich Frühlingsluft auf Flur und Hain.
    Die ihr im stillen Thal schweigend euch bücket,
    5 Die ihr des Hügels Haupt mit Anmuth schmücket,
    Euch,...

  • Biondina.

         Noch kannt’ ich nicht das Loos des Lebens,
    Als eine fremde Gottheit kam,
    Und mir, trotz allen Widerstrebens,
    Die unbefangne Ruhe nahm.
    5 Da bleichten mir die frischen Wangen,
    Da regte sich, ich weiß nicht was;
    Die Liebe that mir...