Poetenreise

Nun will in Luft und Sonnenschein
Ich mir die Glieder baden,
Will wandern in das Land hinein
Auf maiengrünen Pfaden.
Zur Bergeshöh’, zum Talesgrund,
Wo’s sonnig ist und farbenbunt,
Will ich die Schritte lenken. –

Gepäck, Ballast – das gibt es nicht,
Will leicht und fröhlich wandern,
Was mich beschwert an Zollgewicht,
Das überlaß ich andern,
Die vollbepackt auf Reisen geh’n –
Ich will nur Menschen, Menschen seh’n
Und die Natur belauschen. –

Den grünen Wald, den Wasserfall,
Der von den Felsen springet,
Die Berge mit dem Widerhall,
Wenn froh der Hirte singet –
Die Burgen, die in Trümmern steh’n,
Dies alles, alles will ich seh’n
Auf meinen Wanderungen. –

Und komm ich dann zurück nach Haus
In meine Stubenenge,
Dann flecht’ ich einen bunten Strauß
Der Lieder und Gesänge
Vom Schönen, was mein Aug’ geschaut,
Was Phantasie mir anvertraut
Für andre Menschenkinder. –

Ich hab’s geseh’n, sie sahen’s nicht
Und sollen doch sich freuen
Mit mir an Glanz und Sonnenlicht
Im wunderschönen Maien. –
So steck’ ich mir das Reiseziel,
Und sei es wenig oder viel,
Ich werde es vollbringen. –

Collection: 
1909

More from Poet

Die Mordmaschine, auch Auto genannt,
Hat wieder viel Menschen zu Tode gerannt,
Und vielen andern zermürbt und gebrochen
Die vordem gute und graden Knochen –
Wann endlich wird Einhalt getan dem Verderben?
Wie viele müssen zuvor noch sterben? –

Man sprach ihn frei, trotz seinem Schuß,
Denn Notwehr wurde angenommen –
Ob man auch wohl zu diesem Schluß
Im umgekehrten Fall gekommen? –

Wir zweifeln – sah’n wir doch so oft
Bei Streikenden die Rechtsentscheidung –
Wo da auf Freispruch wir gehofft,...

Und wiederum erwachen
In dieser Märzennacht
Die alten Toten Helden
Der Barrikadenschlacht. –

Es hält sie nicht die Decke
Und nicht der Stein der Gruft,
Sie steigen aus den Gräbern,
Sie wittern Märzenluft.

Und sind auch hohl die Augen,...

Zola ist tot! –
Vom Seinestrande
Traf uns die Kunde
Wie Dolchesstoß. –

Der große Zola,
Der Held so gewaltig,
Stieg nieder zum Hades,
In’s Reich der Seelen.
Erlauchte Schatten
Der Dichter-Titanen
Empfangen, geleiten
...

Indess’ mein Arm die Keilhau schwingt,
Sinnt Kopf und Herz auf schöne Lieder,
Und wie die Arbeit sich verringt,
So mehren sich der Verse Glieder.

Und wird zu lang der Reime Zahl,
Daß ich den Text nicht kann behalten,
So macht auch dies mir keine Qual...