Verlöbnis

Unendliche, laß dich unsterblich ermessen
und es sei mir dein Fühlen bewußt.
Meines entschwand mir zu höllischer Lust.
Denn der Gedanke bricht ins Vergessen.

Wie dein Gefühl auf steilenden Stufen
immer verweilend den Himmel erzielt —
wissend, hab’ ich es nachgefühlt,
und ich will es ins Ohr dir rufen!

Laß es mich denken, wie einer ermattet
an deiner Kraft, in dein schwellendes All
begehrte der irdische Einzelfall,
der das ewige Licht beschattet.

Und die zufriedene Gier läßt die Lüge
dort zurück, wo die Lust verthan.
Und er sah dein Gesicht nicht an,
als sich dir heimlich verklärten die Züge.

Ach, den Verlust am liebenden Leben
hast du ihm, sehnende Nymphe, vertraut.
Aber die Stunde hört nicht den Laut,
wenn vom Leid die Äonen beben.

Und seine Armut flieht von dem Feste,
daß sie nicht an der Fülle vergeh’.
Weibsein beruht in Wonne und Weh.
Mann zu sein rettet er seine Reste.

Fällt auch die heilige Welt zusammen
in dem unseligen Unterschied —
ich setze fort dein verlassenes Lied!
Ich will entstehen aus deinen Flammen!

Was immer dir fehle, von dir empfangend,
schöpfend aus deinem lebendigen Quell,
so wird dem Teufel der Himmel hell,
immer doch deine Lust verlangend!

Muß sich der Geist in dir versenken,
reißt ihn aus der Höh’ keine irdische Macht.
Verbuhlen wir so diese Lebensnacht!
Unsterblich küssen, unendlich denken!

Collection: 
1920

More from Poet

  • In einem totenstillen Lied
    vom Weh zum Wort die Frage zieht:
    Wer weiß wo.

    Wer weiß, wo dieses stille Leid
    begraben liegt, es lärmt die Zeit
    vorüber so.

    Sie schweigt nicht vor der Ewigkeit
    und stirbt und ist doch nicht bereit
    zur...

  • Zwei Läufer laufen zeitentlang,
    der eine dreist, der andre bang:
    Der von Nirgendher sein Ziel erwirbt;
    der vom Ursprung kommt und am Wege stirbt.

    Der von Nirgendher das Ziel erwarb,
    macht Platz dem, der am Wege starb.
    Und dieser, den es ewig bangt,...

  • Nie las ein Blick, von Thränen übermannt,
    ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.

    Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft
    die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

    Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:
    »Mir wird es finster, und es werde Licht!«

    ...
  • Hab’ ich dein Ohr nur, find’ ich schon mein Wort:
    wie sollte mir’s dann an Gedanken fehlen?
    Von zwei einander zugewandten Seelen
    ist meine flüchtig, deine ist der Hort.

    Ich komme aus dem Leben, jenem Ort,
    wo sie mit Leidenschaft das Leben quälen
    und...

  • O Unterschied im Liebesspiele!
    Wie kommt es aus ganz andern Quellen:
    bei ihr zu sein,
    und sie sich vorzustellen!
    Denn sie ist nur ein Schein;
    doch wenn sie fern, erwachsen die Gefühle.

    Kurz ist die Gier,
    und man ist bald am Ziel
    und...