Von tausend Kerzen flammt der Weihnachtsbaum,
Von dem man ewig singen wird und sagen,
Denn in Erfüllung ging der kühnste Traum,
Den voller Hoffnung wir in uns getragen.
In Rußland barst der Turm der Tyrannei,
Die auf die Köpfe trat und auf die Herzen;
Mit einem Zauberschlag ward Rußland frei
Und rang sich froh empor aus Schmach und Schmerzen.
In buntem Schimmer blitzt der Weihnachtsbaum,
Es strahlt aus dem Gezweig in allen Farben;
Die Freiheit schuf im Zarenreich sich Raum,
Wieviel der Treusten auch im Kampfe starben.
Durch alle Gauen hallt der Racheschrei,
Zu Donnerschlägen ward das dumpfe Grollen;
Gebrochen ist das Eis der Tyrannei,
Geborsten treibt es hin in morschen Schollen.
In Rußland steht der Völker Weihnachtsbaum,
Der der entrechteten, enterbten Klassen!
Dort hielt man noch mit einer Hand im Zaum
Die murrenden, die unbequemen Massen.
Dort trug voll Inbrunst man das Sklavenjoch,
Es herrschte dort, im kaiserlichen Norden,
Die gottgewollte, heil’ge Ordnung noch,
Die längst im Westen schadhaft war geworden.
Wir nennen’s jubelnd unsern Weihnachtsbaum,
Daß dieser Trost der Herrschenden zerronnen,
Daß sich erwies als Spinngewebe kaum,
Was scheinbar man aus Stahl und Erz gesponnen,
Und daß des Gottesgnadentumes Hort,
Den man als unerschütterlich gepriesen,
Als ein Phantom, als leeres, eitles Wort,
Als lächerlicher Popanz sich erwiesen.
Wir schwörten freudig unterm Weihnachtsbaum,
Was wir voll kühnen Hoffens oft geschworen,
Wird doch aus dieser Völkerbrandung Schaum
Die Freiheit uns, die göttliche, geboren.
Europa steht, von Schauern tief durchbebt,
Zum zweitenmal vor einer Weltenwende,
Denn was in diesen Tagen wir durchlebt,
Kann nur der Anfang sein vom großen Ende.
Und tröstend sendet dieser Weihnachtsbaum
Den milden Schimmer seiner tausend Kerzen
Bis an des fernsten Südmeers blauen Saum
In der Enterbten kummervolle Herzen.
Der Hoffnung Adler schwingen sich vom Nest,
Sobald die ersten Weihnachtsglocken klangen:
Das Volk der Arbeit hat ein Weihnachtsfest,
Wie wir es heut begeh’n, noch nie begangen.