Don Giscardo, Graf von Alba-Spina,
Herr zu Torre und Cronogle-Delta,
Zog als Minnesänger durch die Täler
Der Provence, seines Heimatlandes.
Die Provence hallte von den Tönen
Seiner Zither wider, alle Burgen
Steckten Banner aus, und jeder Schloßherr
Wünschte Don Giscardo sich zu Gaste.
Mächtig war das Lied des Don Giscardo,
Graf von Alba-Spina, Herr zu Torre
Und Cronogle-Delta, wenn er singend
Zog durch seine schönen Heimattäler.
Mächtig, wie das Läuten in den Wipfeln
Alter Eichen bei Gewitterstürmen –
Süßer, denn das Buhlen linder Weste,
Wenn sie durch des Südens Palmen ziehen. –
All’ die großen Sänger der Provence
Beugten sich vor Don Giscardo, als er,
Zitherschlagend auf der Burg von Toro,
Seine Lieder sang vor Adelinen.
All’ die großen Sänger der Provence
Zogen flüsternd sich zurück im Saale,
Als sie eine große rote Rose
Prangen sahen an der Brust Giscardos. –
Von dem schönsten Weibe war die Rose,
Adeline gab sie Don Giscardo
Nach dem schönsten aller seiner Lieder,
Die zu Frauenruhme er gesungen. –
Dunkle Augen suchten und sie fanden
Dunkle Blicke, die den Weg zum Herzen
Weiter suchten und mit Blitzesschnelle
Amors Band um Psychens Schultern wanden. –
Töne sind die heißesten Bewerber
Um das Herz des Weibes, trotzt es diesen,
Wird es keinem andern Werber glücken
Einzudringen in die keusche Seele. –
Adeline war Giscardos erste,
Und Giscardo ihre erste Liebe –
Solche unentweihte Herzen lodern
Blitzschnell auf zu unlöschbarem Brande. –
Unlöschbar und selber sich verzehrend –
Eines Sängers erste, einz’ge Liebe
Hilft nur schneller die Zerstörung reifen,
Woran jede Dichterseele kranket. –
Don Giscardo liebte Adelinen –
Wenn er lange in die feuchten Sterne
Ihres Aug’s geschaut, so stieg er nieder
Zu den Ufern der Garonn’ und weinte. –
Warum weinte Don Giscardo – Rätsel
Einer Dichterseele, die im Sehnen
Unbewußt sich aufzehrt – Adelinen
Wurde trüber bei Giscardos Weinen. –
Warum weint Giscardo – wieder frag ich’s,
Wieder tönt die Antwort: Zu den stillen
Wassern der Garonne zieht’s ihn nieder –
Eine Dichterseele kennet niemand. –
Und auch Adelinen wurde trüber –
Wenn sie in die feuchten Augensterne
Don Giscardos schaute, sah sie drinnen
Nur die stillen Wasser der Garonne. –
Sängerliebe tötet sich im Sehnen,
Denn die Muse rächt sich am Entweiher
Ihres Heiligtumes und sie senket
Todesphantasien in die Seele. –
Eines Abends, Don Giscardo weinte
Wieder in der schmerzlich stillen Weise,
Adeline senkte ihre Locken
Und sie netzten sich an seinen Wimpern. –
„Adeline,“ sprach er, „dieser Abend
Ist der letzte, Don Giscardo werden
Diese Nacht Garonnewellen decken,
Adeline, willst du mit mir sterben?“
Und sie neigte tiefer ihre Locken,
Wie das Kind beim Segensspruch der Mutter,
Ihre Lippen küßten Don Giscardos,
Ihre Geister hatten sich gefunden. –
Und sie stiegen bei des Mondes Schimmern
Auf zum höchsten Schlossesturm von Toro,
An dem Himmel glitzerten die Sterne,
Dunkel lag der Spiegel der Garonne. –
„Adeline“, sprach dann noch Giscardo,
„Willst du mit mir, kannst du mit mir sterben? –
Unten rauscht das Wasser der Garonne,
Kaltes Brautbett für die warme Liebe.“ –
Adeline schweigt, doch ihre Blicke
Sagen mehr wie tausend Rednerworte, –
Adeline stirbt mit Guiscardo,
Kaltes Brautbett wird die Lieb’ erwarmen. –
Heiter faßt Giscardo Adelinen –
Einen Blick zum blauen Sternenhimmel,
Und ein Sprung, ein Sausen in die Tiefe,
Daß die Wasser der Garonne rauschen. –
Don Giscardo, Graf von Alba-Spina,
Herr zu Torre und Cronogle-Delta,
Lag mit seiner heißgeliebten Dame
Auf dem stillen Grunde der Garonne. –
Und der Schiffer, der hinüber setzet
An dem hohen Schlossesturm von Toro,
Hört zuweilen noch Giscardo singen –
Lauschet still und betet für den Sänger. –