(1891.)
Wo immer man um kargen Lohn sich müht,
Wo eine Spindel saust, ein Feuer glüht
Und grobe Hände Axt und Feile lenken,
Im Schacht bei matter Grubenlichter Schein,
Wird immerdar in Stolz und Treue dein,
Du Jahr, das heute scheidet, man gedenken.
Wann hat zuvor mit gleicher Kraft und Macht
Der Arbeit Volk vereint sich aufgemacht?
Wann je zuvor hat so in allen Landen
Den Damm bestürmt die schaumgekrönte Fluth?
Wann hat man je in gleicher stummer Wuth
Gerüttelt an den alten Sklavenbanden?
Ein Schauspiel war’s, wie Keiner es erlebt.
So mancher hat mit feuchter Stirn gebebt
In seines Kämmerleins verschwiegner Enge.
Ein Jauchzen aber, stark und voll und tief
Wie Donner ferner Brandung, es durchlief
In allen Landen die enterbte Menge.
Ein Donnerschlag für die Bedrücker war
Der stolze zwanzigste des Februar
Und selbst dem Kanzler fiel er auf die Nerven.
Sein Sedan war’s. Wer hätte je gedacht,
Es würden ihn herab vom Stuhl der Macht
Die Geusenführer, die verhöhnten, werfen?
Von Kap zu Kap sodann, von Bai zu Bai,
Der Arbeit Feiertag am ersten Mai,
Vom Strand der Rhone bis hinauf zur Oder!
Zum erstenmal – o herrlichen Gewinns! –
Ein Fest des Friedens und des Brudersinns,
Statt blöden Hasses flackerndes Geloder!
Dann des Oktober Erster! Er zerbrach
Mit einem Ruck des schweren Joches Schmach,
Das jahrelang mit Knirschen wir getragen,
Und die Befreiung fiel uns in den Schooß
Als Frucht der Siegesschlacht, die stark und groß
Im Februar der Arbeit Volk geschlagen.
Und dann der Tag, an dem zusammentrat
Am Saalestrand des Volkes hoher Rath,
Die alten, treuen, kampfbewährten Führer!
Wie lag in der Beschämung Bann die Welt,
Die so ganz anders doch sich vorgestellt
Brutalen Hasses niederträcht’ge Schürer!
Ob widerwillig man uns anerkannt,
Von dumpfem Grauen fröstelnd übermannt,
Ob gern und froh man altem Wahn entsagte –
Es brachte Klarheit über uns dies Jahr
In tausend Köpfe und gerichtet war,
Wer unsres Ansturms noch zu spotten wagte.
Ob man uns hilft, ob man sich widersetzt –
Was kümmert’s uns? Doch rechnen muß man jetzt
Mit uns und grüßend seine Klinge senken.
Mit einer Macht jetzt hat man es zu thun,
Und darum wird beim Schaffen und im Ruh’n
Des Jahrs, das dies vollbracht, das Volk gedenken!