Köln–Brüssel–London

KÖLN–BRÜSSEL–LONDON

Ach, mir war seltsam. Nach dem Start erwog ich,
Ob’s komisch sei, wenn man sentimental
Denkt. Ach, zum ersten Male überflog ich –
Ein ehemaliger Seemann – den Kanal.

Im Sonnenwetter, das wir anfangs hatten,
Sah ich zur Erde. Lautlos eilend schlich
Tief unter uns, doch mit uns, unser Schatten.
Und ich ward traurig, als er plötzlich wich.

Und Brüssel dann. Ein kurzer Aufenthalt.
Ich hab als Sieger dort einmal gelitten,
Im Krieg. Ich habe dort nichts abzubitten.
Und doch: es überlief mich kalt.

Und weiter ging’s, durch wechselvolle Höhen,
Nunmehr durch Grau und schwere Hagelböen.
Doch mich betrank’s. Wie lange war es her,
Daß ich zur See ging?! – Segelschiff und Meer! –

Und als nun fern, dann näher der Kanal
Auftauchte, ich die Küste überschwebte,
War’s, daß ich nun zum zweiten Erstenmal
Stolz, ehrlich staunend Globetrot erlebte.

Die Ufer unsres Kontinents entschwanden.
Zwei Dampfer sah ich, die mit ihren Wellen
Scheinbar ganz still, wie starrgefroren standen.
Dann brach die Sonne durch und wies mit hellen,

Vergnügten Fingern auf das Inselland
Und auf zwei Flieger. Diese zogen
An uns vorbei, als wir den Kuchenrand
Von Englands Küste überflogen.

Land unter uns. Bis sich vom Flugplatz Croydon
Blinkauf, blinkab ein Winkefeuer zeigte.
Als dann sich unser Kahn zur Landung neigte,
Wie brannte ich auf lang entbehrte Freuden.

Collection: 
1929

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Tiefe Stunden verrannen.
Wir rührten uns nicht.
In den alten Tannen
Schlief ein Gedicht.

Stieg ein Duft aus dem Heu,
Wie ihn die Heimat nur haucht. – –
Sahst du das Reh, das scheu
Dort aus dem Duster...

Hell strahlen die festlichen Wände,
Fanfaren schmettern laut.
Es reichen sich selig die Hände
Bräutigam und Braut.

Es schwelgen im rauschenden Glanze
Frohe Damen und Herrn
Und wiegen sich lachend im Tanze. – –...

(30. Januar 1919)

Limi, Seeheimer Laterne
Glüht rot.
Trennt uns nur die Feme?
Oder Not?
Von dem Wernerwalde
Und vom Einst
Träum ich, träum, daß balde
Du erscheinst.
Komm,...

Wenige Schritte weiter –
Teilt sich der Buchen stäte Nacht,
Blickst du auf Lande, die heiter
Und weit und schön sind, wie Gott sie erdacht.

Grüne schlummernde Wellen
Glitzern im Regenbogenstaub;
Und Friede...

Mir träumte, ein kleines Schwälbchen
Flöge über das Meer.
Ein fremder, häßlicher Vogel,
Der jagte hinter ihm her.

Und eine weiße Möwe
Schloß sich zum Wettflug an,
Bis sie dem wilden Jäger
Die Beute...