Hoch auf meerumbrauster Düne ragt in voller Maienpracht
Eine Buche; „Mutter – ruft sie – wieder kam das Meer bei Nacht,
Wieder hat’s aus grünem Seetang viel der Kränze mir geschlungen,
Hat mir Bernsteinschmuck gespendet, und von Liebe viel gesungen.
„Mutter, schilt es nicht Verführer, sag nicht, daß es treulos wär’,
Treulos ist allein die Schwäche und gewaltig ist das Meer,
Hieltest Du mich nicht umklammert, Mutter Erde, liebestrunken
Wär ich Nachts, als es mich lockte, hin an seine Brust gesunken.“
„Sturm herbei!“ rief wild-aufjauchzend jetzt das liebesichre Meer,
Und auf hundert Wolkenrossen jagte schnaubend er einher;
„Auf! entwurzle mir die Buche, ’s gilt der Sehnsucht Schmerz zu kürzen,
War sie frei, sie würde selber sich in meine Arme stürzen.
„Arme Thörin, die des Meeres eitlen Liebesschwüren traut!
Jeder Tanne spend ich Bernstein, jede Buche nenn ich Braut;
Nicht um unerfüllte Hoffnung um betrogne sollst Du trauern,
Und der Liebe Wonne wird Dich bald wie Todesfrost durchschauern.“
Tiefes Schweigen; – aber plötzlich kracht die Buche, sturmgepackt,
Blätterstiebend stürzt sie nieder wie ein grüner Katarakt;
Laut erbrausend heißt sein neues Opfer jetzt das Meer willkommen,
Hochaufschäumend hat’s der Riese an die Wellenbrust genommen.
„Weh, halt ein in Deinem Rasen, das mich zu vernichten droht,
So entblättert nicht die Liebe, so entblättert nur der Tod!“
Doch die Leidenschaft des Riesen kennet nicht der Lieb’ Erbarmen,
Und er spielt mit seinem Opfer, bis es todt in seinen Armen.
Aber dann, als ob er Abscheu gegen eine Leiche fühlt,
Hat er seiner Lüste Spielzeug wieder an den Strand gespült;
An dem Fuß der Düne, deren Gipfel einst der Baum beschattet,
Hat die alte Mutter Erde ihr entführtes Kind bestattet.