Der Siebenschläfer

Lieg’ ich im Bett, so deck’ ich mich
bis an die Ohren zu.
So habe ich doch sicherlich
von euren Plagen Ruh.

Dann aber bricht der Tag herein,
ich hab’s ihm nicht geschafft.
So früh schon ihm gewachsen sein,
dazu fehlt mir die Kraft.

Der Teufel weckte mich und war
bei mir mit einem Brief.
Nur wachen Augen droht Gefahr,
wie gut war’s, als ich schlief.

Zu meiner Nacht hin wend’ ich mich,
leg’ mich aufs andre Ohr.
Das ist ein wahres Glück, daß ich
den Traum noch nicht verlor.

Das hätt’ mich allzu früh verbraucht,
was ich für euch gemußt.
So bleibt’s in halben Schlaf getaucht
und halb wird es bewußt.

Bleibt auch das Glück nur halb gespürt,
das damals ich erfuhr,
so hat durch rauhen Tag geführt
des Traumes weiche Spur.

Und endet niemals eure Qual
und schafft der Tod erst Ruh,
und lieg’ ich auf dem Bett einmal,
so deckt mich tüchtig zu!

Collection: 
1920

More from Poet

  • In einem totenstillen Lied
    vom Weh zum Wort die Frage zieht:
    Wer weiß wo.

    Wer weiß, wo dieses stille Leid
    begraben liegt, es lärmt die Zeit
    vorüber so.

    Sie schweigt nicht vor der Ewigkeit
    und stirbt und ist doch nicht bereit
    zur...

  • Zwei Läufer laufen zeitentlang,
    der eine dreist, der andre bang:
    Der von Nirgendher sein Ziel erwirbt;
    der vom Ursprung kommt und am Wege stirbt.

    Der von Nirgendher das Ziel erwarb,
    macht Platz dem, der am Wege starb.
    Und dieser, den es ewig bangt,...

  • Nie las ein Blick, von Thränen übermannt,
    ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.

    Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft
    die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

    Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:
    »Mir wird es finster, und es werde Licht!«

    ...
  • Hab’ ich dein Ohr nur, find’ ich schon mein Wort:
    wie sollte mir’s dann an Gedanken fehlen?
    Von zwei einander zugewandten Seelen
    ist meine flüchtig, deine ist der Hort.

    Ich komme aus dem Leben, jenem Ort,
    wo sie mit Leidenschaft das Leben quälen
    und...

  • O Unterschied im Liebesspiele!
    Wie kommt es aus ganz andern Quellen:
    bei ihr zu sein,
    und sie sich vorzustellen!
    Denn sie ist nur ein Schein;
    doch wenn sie fern, erwachsen die Gefühle.

    Kurz ist die Gier,
    und man ist bald am Ziel
    und...