Der Friedhof von St. Goar

Du Friedensport, wie keiner wohl geboten
Die müden Waller in den Schlaf zu wiegen,
Wo alle Gräber unter Rosen liegen,
Du einz’ge Ruh’statt für die stillen Toten. –

Durch deine Pforte bin ich eingegangen
Im Julimonde, bei der Sonne Glühen,
Ich wollte ausruh’n von den Reisemühen
Ein wenig nur – du stillest mein Verlangen. –

Und mehr, weit mehr – ich fühle mich entsündigt
In deiner Ruh’ von meinem irren Jagen –
Die Drosseln flöten und die Finken schlagen,
Als ob sie frohe Botschaft mir verkündigt. –

Der Bergwald rauschet, an den du gelehnet,
Vom Rheine hör’ ich Schifferlieder klingen,
Vielleicht, vielleicht wird noch die Lurlei singen –
Mich faßt ein Beben und mein Auge tränet. –

Schön bist du, Sankt Goar, dein Rheinfels oben
Dräut wie ein Adler, der nach Beute spähet,
Der Schiffe Segel sind vom Wind geblähet,
Und doch – dein Kirchhof hat mich mehr erhoben.

Collection: 
1909

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