HErr! wie manches Herz voll Kummer
Wiegst du jetzt in süsser Ruh,
Drückst mit Fittigen des Schlummers
Manches Aug, das weinet, zu!
Doch eh ich das meine schliesse,
Schau’ es noch zu dir empor!
Meines Dankes Stimme fliesse
In dein horchend Vaterohr!
So wie zwischen dieser Wolke
Sanft der Mond, und leuchtend schwebt,
So hat unter seinem Volke
Unter uns dein Sohn gelebt,
Hat mit hellem Licht der Wahrheit
Rings die Finsterniß zerstreut,
Dem Verstand gegeben Klarheit
Und dem Herzen Folgsamkeit.
That ich heut wol, was die Lehre
Dieses Sohns von mir begehrt,
War ich heute wol der Ehre
Mensch und Christ zu heissen werth?
Hatte mich kein Hochmuthfunken,
Nicht der Wollust Glut entzündt,
War ich nicht von Freuden trunken,
Die wie Rauch vergänglich sind?
Hatt’ ich immer mein Gemüthe
Zu dem Gebenden erhöht,
Nie der Armuth leise Bitte,
Nie der Freundschaft Rath verschmäht?
War ich denen, die mich hassen,
Gerne zu verzeihn bereit?
War ich in dem Glück gelassen,
Stark in Widerwärtigkeit?
Zitternd, Gott! und mit Erröthen
Muß ich es mir selbst gestehn;
Darf kaum wagen, dir zu beten,
Und gen Himmel aufzusehn;
Wie auf meinem Haupt die Haare,
Mehrten meine Schulden sich:
Mußt ich Sünder dann zur Bahre,
O wie stünd’ es wohl um mich!
Aber du, der mir das Leben
Noch zur Buß gefristet hat,
Wirst, Allgütiger! vergeben
Deines Knechtes Missethat!
Und o sollt’ auch meiner Nächte
Diese Nacht die letzte seyn,
Hüllete des Todes Rechte
Jetzt mein Aug gebrochen ein:
Gieb, daß von verdienter Rache
Durch des Sohns Verdienst befreyt,
Ich verklärt und froh erwache,
Dich zu sehn in Ewigkeit.