An den fernen Freund

 
Seitdem du mich verließest, denke ich dich immer.
Wenn ich die Augen schließe, sehe ich dein Bild ...
So nah und wirklichschön als ob kein Raum uns,
Keine Städte trennten.
Bei meiner Kerze sanftem Schimmer
Trittst du ganz leise, leise in das Zimmer ...
Um deine Lippen schwebt ein Lächeln kindlich mild.

Dann leg ich meine Hände zart an deinen Körper.
Dann küß ich innig deinen weichen roten Mund.
Dann sag ich schweigend dir die letzten Dinge.
Dann bin ich ganz in dir und du in mir.
Dann kann uns nichts mehr trüben, nichts mehr trennen,
Weil wir nur eine Liebe, eine Seele, eine Wolke sind.
Zwei Lichter, die in einen Himmel brennen.
Ein Baum, ein Stern, der gute Abendwind.

Dann sind wir sündenlos und weise.
Dann ist kein Raum und keine Zeit.
Dann schweben wir so süß erfüllt und leise
In Gottes Urunendlichkeit.

Collection: 
1925

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