Dämmerstunde

   
Wie wirst du schön zur Dämmerstunde,
Wenn schon der letzte Schimmer schwand!
Weich wird das Wort in deinem Munde
Und leise streift mich deine Hand.

Die Augen glänzen – größer, freier,
Die ganze Seele ist erwacht -
Und durch der Wimpern schwarzen Schleier
Schaut deine Sehnsucht in die Nacht.

Du wirst so bleich – auch ich erbleiche
Im süßen Zauber deines Blicks;
Ein Seufzer schwellt dein Herz, das weiche,
Ein Traumgedanke vollen Glücks?

Dann führst du still mich an die Pforte;
Es klingt ein wundersüßes Weh
Durch deine dämmerstillen Worte
Und durch dies letzte Wort: "Nun geh'!"

Collection: 
1908

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