Geht es dir auch wie mir?
Geht es dir auch wie mir,
Daß du nicht schlafen kannst?
Daß du die ganze Nacht
Süße Gedanken bannst?
Und doch am Morgen sind
Sie nicht gebannt!
Du streifst umsonst die Stirn
Mit weißer Hand!
Du bist nicht mehr daheim,
Bist anderswo;
Du weißt, es sollt' nicht sein -
Und doch ist's so!
Mir ist das Herz verzehrt
Vom Fieberhauch -
Geht es dir auch wie mir?
Verzehrt's dich auch?
Ein Traum
Vom Busen hast du Veilchen mir gegeben,
Sie waren heiß von seinem heißen Leben.
Ob sie die Freiheit wohl auch gern gewonnen,
Die solchem holden Kerker sind entronnen?
Ich aber barg sie in mein nächtig Kissen,
Nicht lange sollt' ich ihren Zauber missen. -
Mein Sinn war glühend und so schwül die Luft,
Auf meine Wimper fiel der Veilchenduft.
Ihr Duft und deiner – wie von Wonne trunken,
Bin ich in Traum – bin ich in Schlaf gesunken.
Es war kein Schlaf, der unser Aug' umschattet,
In dem des Herzens Glut und Drang ermattet.
Ein Schaffen war's – nicht stumme, dumpfe Ruh' -
Und dieses Traumes Glück und Glanz warst du!
Ich müßt' ein Wort aus "Hohem Lied" erlesen,
Wollt' ich dir sagen, wie du schön gewesen.
Ich müßte singen wie Hafis fürwahr,
Wollt' ich dir sagen, wie selig ich war!
Das hat zur Nacht der Veilchenduft getan;
Klag' ihn, - nicht mich – und deine Schönheit an!
Doch ich ward wach – und goß den Duft in Lieder,
Als Lied kehrt er zu deinem Busen wieder,
Von dem er kam, o leih' ihm gern dein Ohr
Und gönn' ihm Einlaß in dies holde Tor!
Die weiße Rose
Gönn' mir dies heiße, hoffnungslose
Dich lieben, schöne, süße Frau!
"Du bist doch meine weiße Rose"
Und meine Tränen sind ihr Tau!
Ein and'rer ruht in deinem Schoße,
Ich schweif' in kühler Abendluft:
"Du bist doch meine weiße Rose" -
Und stürb' ich auch an ihrem Duft!
Im Sturm
Das braust und stöhnt im Waldgehege,
Es kracht der Baum, die Wolken weh'n;
Ich gehe schweigend meine Wege -
Ich hab's gelernt, im Sturm zu geh'n.
Die Wogen sprüh'n empor, die weißen,
Der See heult und der Nordwind brüllt.
Sturm, willst du mir vom Herzen reißen
Auch noch das Lied, das mich erfüllt?
Ich geb' dir's nicht, - ich press' die Arme
Um dies gequälte, volle Herz,
Erbarmungsloser Sturm, erbarme
Dich meiner! – Laß mir meinen Schmerz!
Nachtlied
Die müden Augen
Sie tragen's kaum!
Der Tag ist zergangen,
Nun kommt der Traum.
Da kommt dein Bildnis
Und spricht zu mir:
"Ich lass' auch im Traume
Nicht los von dir!
Ich leg' mich nieder
An deiner Seit',
Du bist mein eigen
Für alle Zeit!"
Der Nachtwind rauschet,
Ich lösch' das Licht -
Ich möchte schlafen
Und kann es nicht.
Du bist mein Leben,
Du bist mein Tod -
Vom Abendrote
Ins Morgenrot!
Tod im Hause
Wir saßen droben – und vom Munde
Klang uns das selig-heiße Wort;
Doch drunten in derselben Stunde
Flog eine stumme Seele fort.
Es hing mein Blick an deinen Blicken
Mit Fieberglanz – wie leuchtest du!
Und drunten schloß mit letztem Nicken
Ein müder Mann die Augen zu.
Wir wußten's nicht. - - Die Wolken bleichen,
Der Tod hielt Wacht in Haus und Herd,
Der Sturmwind rauschte – war's ein Zeichen,
Wie sich mein Sein an dir verzehrt?
Unruh'
Unruh', wie webst du um mich her,
So geisterhaft, so herzbewegend,
Und machst mir Sinn und Seele schwer -
Ach, so erdrückend, so erregend!
Und selbst am Lager hältst du Wacht;
Es ruht mein Haupt in deinen Händen,
Unruh'! – du nimmst mir Tag und Nacht -
Nur eine lebt – die könnt' es wenden!
Kennst du dies Leid?
Kennst du dies Leid, wenn, kaum entschlafen
Aus irrem Traum, das Herz erwacht,
Wund von den Pfeilen, die es trafen:
Kennst du die Sehnsucht in der Nacht?
Ein Schatten kommt – du fühlst den Schimmer,
Du rufst ihn – da zerfließt er sacht.
Und bis zum Morgen schläfst du nimmer:
Kennst du die Sehnsucht in der Nacht!?
Gespensterstunde
s' ist Mitternacht vorüber,
Ich saß daheim beim Licht;
Der Sturm braust' durch die Bäume
Und ich spann meine Träume,
Ich saß und hört' ihn nicht.
Da riß der Wind die Tür' auf -
"Wer kommt? – in meine Ruh'?"
Dies Bild, dies stirnumlockte ….
Wer kommt? … mein Herzblut stockte -
O Himmel, das bist du!
Ein Wahn! – Der Wind warf wieder
Die nied're Türe zu;
Doch mir hat sich's enthüllet,
Was all mein Denken füllet -
O Himmel, das bist du!
Mitternacht
O, wärst du da – in dieser Stunde
Der öden, grauen Mitternacht,
Wo mir das Wort entschlief im Munde,
Wo nur der stumme Jammer wacht!
O, wärst du da! – du Süße, Ferne! -
O, nur ein Schatten deiner Hand,
O, nur ein Strahl der dunklen Sterne!
Und all' der Kummer wär' gebannt,
Wenn du mit stillbewegtem Nicken
Dich leise neigtest über mich,
Wortlos – nur in den schönen Blicken
Den ew'gen Trost: "Ich liebe dich!"