(1209)
Ein Spielmann zog gen Tegrinsee,
Den sah ich vom Rosse steigen,
Es lief sein Roß in den grünen Klee,
Er griff nach seiner Geigen.
Er ließ sich nieder auf einen Stein
Unter der blühenden Linden,
Er stützt das Haupt in die Hände sein,
Als wollt' er Tiefes ergründen.
Ihn kümmert die Welt und ihre Not,
Die hält sein Herz gefangen;
Denn Recht ist wund und Zucht ist tot
Und Ehre ist zergangen.
Es ist zerwühlt das deutsche Reich
Wie Meer von allen Winden. - -
"Wie soll bei solchem Ungemach
Mein Herz noch Freude finden?
Und dennoch – käm' ich nimmer fürwahr
Zu End' mit meinem Leide:
Ich müßt' mich schämen ganz und gar
Vor der blumigen Heide!
Die blüht ja auch und der Himmel lacht -
Ohn' Freude tauget keiner!
Ich hab' so manchen schon froh gemacht,
Bin doch der Werten einer!
So will ich denken an roten Mund,
An Frauen-Schöne und -Güte,
Die löschet das Trauern zu jeder Stund'
Und lichtet jedes Gemüte."
Da griff er nach seinem Saitenspiel:
"Frau Minne, dich will ich grüßen!"
Es horchten zu Häupten der Vöglein viel',
Es horchten die Bäumlein zu Füßen.
Wer war der Sänger – wie hieß sein Lied?
Das will ich dir treulich künden:
Herr Walther von der Vogelweid',
Hier sang er – "Unter der Linden".