Nun ist schon manches liebe Jahr,
Da jedes von uns einsam war,
Vergangen.
Vom Suchen müd, vom Weinen matt,
Fand irgendwo ich eine Statt,
An der ich blieb und träumte:
Von einem jungen Frühlingstag,
Da deine Hand in meiner lag
Und alle Pflicht versäumte.
In meine große Einsamkeit
Von dir kein Wort in all der Zeit,
In hunderttausend Stunden.
Ich hörte nur von ungefähr,
Daß deine Seele traurig wär'
Und all dein Glanz verschwunden.
Ich weiß es wohl, du weißt es auch,
Von deinem Mund ein einz'ger Hauch,
Von mir zu dir ein einz'ger Laut -
Wir wären Bräutigam und Braut.
Und werden uns nicht wiedersehen -
Und werden leben und vergehn
In Sehnen und in Bangen.
Aus: Carl Sternheim Gesamtwerk
Band 9: Unveröffentlichtes Frühwerk II
Lyrik Dramenfragmente Prosa
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Hermann Luchterhand Verlag Neuwied am Rhein, Berlin 41 1970