Pierrot und Colombine
oder
Das Lied von der Ehe
1902
Dem Geiste des Watteaus in Andacht
Bist du endlich gekommen,
rosenfingriger Mai?
Töne deiner Schalmei
sind in Lüften geschwommen.
Leise sind an den Bäumen
in einer seligen Nacht
aus verschlafenen Träumen
weiße Blüten erwacht.
Hoch vom Himmel hernieder
spannt sich leuchtendes Blau,
und in glänzendem Tau
funkeln die Gräser wieder.
Schauernd gleitet der Bach
unter den Küssen der Winde,
stärker schon rauschen der Linde
Wimpel über dem Dach.
Über Wald und Wiesen
liegt der Mondenschein,
zögert an den Fliesen
in das Haus hinein.
Rings an Zaun und Bäumen
Käferfunkelpracht,
stummes Tagesträumen
atmet durch die Nacht.
Pierrot mit leiser Mandoline
flötet klagend in der Maiennacht
unterm Fenstersims von Colombine,
die vom schmeichelnd-süßen Klang erwacht.
Alle Apfelbäume stehn in Blüte
silberzart und mondscheinschleierweiß.
Nach der großen Schokoladentüte
tastet sie verschlafen, träumeheiß.