Weißt du noch?

Weißt du noch, wie ich am Felsen
Bei den Veilchen dich belauschte?
Weißt du noch den Fliederstrauch,
Wo der Strom vorüber rauschte?
Weißt du noch den Bergespfad,
Wo ich um den Strauß dich bat,
Weißt du noch?

Ach es war ein süßes Bild,
Als du da errötend standest,
Und zur Erde all die Blumen
Fielen, die zum Strauß du wandest!
Deine liebe kleine Hand
Spielte mit dem blauen Band,
Weißt du noch?

Und es sahen Fels und Strom
Dein Erröten und dein Beben,
Sahen auch den ersten Kuß,
Halb genommen, halb gegeben!
Und des Himmels goldner Strahl
Ueberflog Gebirg und Thal,
Weißt du noch? (S. 57-58)

Collection: 
1852

More from Poet

  • Ein Wort von deinem Munde,
    Das mir herüber klang,
    Tönt mir wie eine Kunde
    Von goldnem Märchensang.
    Durch meine Seele rauschen
    Die goldnen Klänge all,
    Und alle Tiefen lauschen
    Dem süßen Wiederhall.

    ...
  • Zu deinen Füßen will ich ruhn
    Und dir in's Auge schaun,
    Die blaue Nacht mag leise nun
    Auf uns herniederthaun.
    Schon tauchet aus dem stillen See
    Des Mondes Bild empor,
    Und kühner streift das scheue Reh
    ...

  • Mondenschein
    Klettert heimlich übers Dach
    In die Tannenzweige,
    Schaut in Liebchens Schlafgemach,
    Ob sich ihm nichts zeige?
    Dämmernd nur schimmert
    Schwindend das Lichtlein,
    Traumduft umflimmert
    ...

  • Wenn die ersten Veilchen blühn
    Ist die Rosenzeit nicht fern.
    Mädchenwangen rosig glühn,
    Trifft sie ein geliebter Stern.

    Scheitert an der Blicke Klippen
    Nicht der Mund zu bittrem Leid,
    Von den Augen zu den Lippen...

  • Du liebes Auge willst dich tauchen
    In meines Augs geheimste Tiefe,
    Zu spähen, wo in blauen Gründen
    Verborgen eine Perle schliefe?

    Du liebes Auge, tauche nieder,
    Und in die klare Tiefe dringe,
    Und lächle, wenn ich...