Nach trüber Zeit

 

I.

O, wären's nur um mich die Sorgen,
Ich hätt' begrüßt der Sonne Licht,
Begrüßet nicht so manchen Morgen
Mit kummervollem Angesicht.
Nicht schafft mir Sorg' um mich der Kummer;
Die hat mein Haupt noch nie gebeugt.
Die Sorg' um's Liebste hat den Schlummer
Von meinem Lager weggescheucht.

Mich hat ein schwer Geschick getroffen,
Hat manche Stund' mir herb vergällt.
Dich traf es mit, mein Lieben, Hoffen,
Mein Weib, mein Bestes in der Welt!
Schon war das Schifflein nah' dem Ziele
Des Glücks, da trieb's in's Meer zurück
Der Sturm des Schicksals. Auf dem Spiele
Stand unser ganzes Lebensglück!

Dein Glück und mein's! Die Noth, die Plage,
Sie kam heran, eh' wir's gedacht,
Und hat uns freudenlos die Tage,
Die Nächte schlummerlos gemacht.
Gält's mir allein, ich wollt' nicht singen
Ein Klagelied ob Gram und Weh. -
Zum Opfer will ich alles bringen,
Wenn ich nur, Weib, Dich glücklich seh'! -

Du klagtest nicht, bist still gewesen;
Hell blieb Dein Aug', die Stirne klar,
Doch hab' ich wohl im Blick gelesen,
Wie reich Dein Herz an Schmerzen war.
Wär' mir allein das Loos gefallen
Zu dulden, ich ertrug's in Ruh'.
Das war die schlimmste Qual von allen,
Daß Du gelitten, ach, auch Du!

Getrost, mein Weib! Durch Wolkenschichten
Bricht wieder jetzt der Sonne Strahl.
Das Haupt, wie wollens aufwärts richten
Nach Zeiten bittrer Sorgenqual.
Jetzt will ich wieder schaffen, ringen,
Daß Sorg' Dir nie die Stirn umzieht,
Und hilft mir Gott, so darf ich singen
Dir wieder bald ein fröhlich Lied!

Jetzt grüß' ich wieder froh die Sonne.
Noch strotzt der Arm von Jugendkraft.
Dem wird das Schaffen süße Wonne,
Wer für den Heerd, den eignen, schafft.
Du aber magst die Hände falten,
Daß Gottes Segen bei uns bleib',
Daß Er uns mag das Glück erhalten,
Mein treues, heißgeliebtes Weib!

II.

Wenn auf Deinen Lebenswegen
Dich das Unglück hart bedrängt,
Fühlst Du erst den ganzen Segen,
Den die treue Liebe schenkt.
Ist Dir schwer auch manche Stunde,
Glaub' es mir, ein einzig Wort
Aus dem lieben, theuren Munde
Scheuchet alles Sorgen fort.

Nicht ein schwächliches Verzagen
Dir die Seele dann erschlafft,
Unverzagt Dich durchzuschlagen
Fühlst Du Muth und fühlst Du Kraft.
Weil nicht nur dem eignen Herzen,
Auch dem Liebsten Böses droht,
Bist Du stärker als die Schmerzen,
Bist Du stärker als die Noth!

Und wenn dann des Glückes Sonne
Wieder Dir den Glanz gewährt,
Ist des Himmels reichste Wonne
Dir im Herzen eingekehrt.
Die zusammen Schmerz empfunden,
Die zusammen trugen Leid,
Sind in Lieb' sich treu verbunden
Bis in alle Ewigkeit.
 

Collection: 
1880

More from Poet

  •  

    Die Lieb' ist ewig wie das Sonnenlicht,
    Und nur die Blumen sterben, die sie weckt.
    O, liebe, liebe, bis das Auge bricht,
    Bis deinen Leib der grüne Rasen deckt!

    Du stehst allein; da faßt mit einem Mal
    Die Liebe...

  •  
     

    I.

    Die Blume wünsch' ich nie zu werden,
    Die nur für Dich die Düfte hat;
    Ich such' noch mehr auf dieser Erden
    Als stiller Freuden Blumenblatt.
    Ich ruh' nicht an des Ufers Borden;
    Ich...

  •  

    Dich lieb' ich heiß, wie ich auf Erden
    Noch nimmermehr ein Weib geliebt,
    Und nimmer kann mir Frieden werden,
    Wenn nicht Dein Herz mir Frieden giebt.
    Darf ich auf Deine Liebe hoffen?
    Ist mein Dein Herz? O Liebste,...

  •  
     

    I.

    Der weißen Lilie, rein und licht,
    Der möcht' ich, Mädchen, Dich vergleichen!
    Sah'st Du im Geist mit Lilien nicht
    Die Engel in der Sel'gen Reichen?

    Ich wünsche Dir, du bleiches Kind,...

  •  

    Der Nachtwind rauscht im Blüthenbaume
    Und alles ruht in tiefster Ruh'.
    Nun schließt zum Schlaf, zu sanftem Traume
    Mein süßes Lieb die Augen zu.

    Der Mondschein in der nächt'gen Stunde
    Durch ihre kleine Kammer...