Er hat mich noch wie sonst umfangen;
Er hat mich noch wie sonst geküßt,
Und doch, mich faßt ein trübes Bangen.
Mir ist, als ob ich weinen müßt'!
Er sah so oft zu Boden nieder
Und immer blieb sein Auge trüb,
Und immer fragt' er, immer wieder:
"Hast du mich noch wie sonst so lieb?"
Wie sprang ich ihm so froh entgegen!
Wie sprang ich ihn so liebend an,
Als ich ihn auf den Wiesenwegen
Am Abend sah der Hütte nahn.
Nicht hört' ich da wie sonst ihn fragen
In Lieb', was mir der Tag gebracht;
Er wußt' mir gestern nur zu sagen,
Wie müde ihn der Gang gemacht.
Ich hab' sein Lieblingslied gesungen.
So oft des Liedes Ton erschallt',
Dann hat er glühend mich umschlungen,
Dann hat sein Herz in Lust gewallt!
Kein Kuß, kein lieber Blick, nicht einer,
War gestern des Gesanges Lohn;
Er fragte nur: "War heller, reiner
Nicht früher deiner Stimme Ton?" -
Am Fenster steht in einem Scherben
Ein Myrthenstrauch, an Knospen reich.
Ich sah im Traum den Strauch verderben,
Sah knospenlos den Myrthenzweig.
Ich weiß, es ist ein Nichts, ein Schimmer,
Ein bloßer Schemen ist ein Traum,
Und dennoch denk' ich immer, immer
An meinen armen Myrthenbaum! -
Schon früh sah ich den Liebsten scheiden;
Die Nacht war kalt, der Weg ist weit!
Nun trag' ich einsam meine Leiden,
Des Herzens tiefe Traurigkeit.
O, wär's doch Abend! Wär' verglommen
Doch jetzt, schon jetzt der Sonne Strahl!
Doch wird er denn am Abend kommen! -
Er kam vielleicht zum letzten Mal!