Abendfeier

 
Mein Lieb! Schau, wie hinab die Sonne
Die uralt festen Gleise fährt
Und doch mit einem Kranz der Wonne
Der Erde dunkles Haupt verklärt.
Sieh, wie sich schon die Ferne teilet,
Durchbrochen von ergoßner Glut;
Und über alle Gipfel eilet
Der holden Kräfte goldne Flut.

Es wandelt durch entstandene Weiten
Des ew'gen Schaffens Trunkenheit;
Und jede Seele glaubt zu schreiten
Empor aus ihrer Endlichkeit.
O selig! Aller Last entladen,
Getaucht ganz in der Liebe Licht,
Im Strom der Schöpfung sich zu baden
Mit dir, du Engelsangesicht!

Collection: 
1874

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    Schickt dir die Frühlingsnacht:
    Schlaf wohl! du Wundersüße,
    Du Süße!
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    Es kommt aus Kelch und Dolde
    Ein Duft dir zugefacht:
    Schlaf...

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    Könnt' ich zu Dir, mein Licht,
    Nur einmal, einmal dringen!
    Von deinem Angesicht
    Nur einen Strahl erschwingen!

    Könnt' ich an dein Gewand
    Nur einmal, einmal rühren!
    Und deine kleine Hand
    ...

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    Kaum ruhte ich in ihren Armen
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