An ein Abendlüftchen

Sey mir gegrüsst aus deinen reinen Höhen
du Himmelsluft!
o! säume nicht mich liebend anzuwehen
mit süssem Duft!

Es lauscht in dir der hingeflohnen Zeiten
geliebtes Bild,
Des Herzens Tausch, die Welt voll Seligkeiten
wie du so mild!

Die goldnen Ähren sanken schweigend nieder
beym Sichelschall,
da gingen wir und sangen frohe Lieder
durch Feld und Thal.

Du säuseltest aus blauem Äther nieder
sanft zu uns hin,
und küsstest uns; - wir küssten froh dich wieder
mit leichtem Sinn.

Uns war so wohl, von deinem Hauch durchdrungen,
wie du so leicht,
und in der Ahndung süssen Traum verschlungen
dem keiner gleicht.

Du kehrst zurück zu deiner fernen Quelle -
woher? wohin?
wer weiss es? - So bewegt der Zeiten Welle
den leichten Sinn.

Ach! fern, ach fern, wie deine Ätherschwingen,
entfloh das Glück,
und deine leichten stillen Flügel bringen
es nie zurück!

Statt jener Ruhe, die dein Hauch mir sandte,
verglimmt das Herz,
das einst in reger Lebensgluth entbrannte,
in stillem Schmerz.

Du kehrst zurück mit himmlischen Gefieder
im Abendschein,
und küssest mich mit süssem Athem wieder;
doch ach! allein!

Collection: 
1800

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