Wenn sie, die weinend sich geweiht zur Deinen,
Sich nach gegeb'nen Eiden läßt verführen
Und treulos von dir geht – laß dich's nicht rühren,
Sie ist's nicht werth! ja laß dein Herz versteinen.
Doch wenn ein Weib, die Reinste bei den Reinen,
Allmälig blaß wird unter deinen Schwüren,
Bis kalt ihr Wort und kalt ihr Kuß zu spüren -
Dann, Einstgeliebter, darfst du weinen, weinen.
Sie geht von dir und doch ist's kein Verbrechen,
Die Liebe welkt, wie Wangen sich entfärben,
Sie wird dir treulos und du kannst's nicht rächen.
Ich, der's erlebt, will hier die Hand erheben!
Weil ich an solchem Schmerz nicht konnte sterben,
Will ich mit ihm bis an mein Ende leben.
aus: Gedichte von Alfred Meißner
Zweite stark vermehrte Auflage
Leipzig Friedrich Ludwig Herbig 1846