Gebrochnes Herz, zerriss'nes Leben,
Gefallner Engel, stumm und blaß,
Dem ich an Rosen wollte geben,
Was eine junge Brust besaß;
Geliebtes Unglück schöner Tage,
Geknickte Lilje, irrer Geist,
Der heute ohne Wort der Klage
Sich von dem treu'sten Herzen reißt -
Ich hab' kein Recht, mit dir zu grollen,
Und hab' für dich kein zürnend Wort,
Trugst du der Brust, der stürmevollen,
Auch ihren letzten Frieden fort.
Du hast's gewollt! Wohlan, wir scheiden,
Ich hab' für dich noch ein Gebet -
Ein Wort nennt alle unsre Leiden:
Wir fanden uns zu spät, zu spät!
Daß ich dich damals nicht getroffen,
Als sie vom Frost noch nichts gewußt,
Die keinen zweiten Lenz darf hoffen,
Die Blume: Herz der Menschenbrust;
Daß dich ich damals nicht gefunden
Im Märchenwald der Poesie,
Als du noch rein und ohne Wunden,
Verzeih' ich meinem Schicksal nie.
So aber war vom Wetterschlage
Zu früh dein schönes Herz geknickt,
Und nichts, als herbstlich-kurze Tage
Hat unsre Liebe uns geschickt.
Wie heiß auch meine Sonnen lohten,
Sie weckten späte Rosen nur,
Von deinem Lenz, dem kurzen, todten,
Sind sie die letzte blut'ge Spur.
Auf deiner Stirne mußt' ich's lesen,
Als du mir stumm im Arm geruht,
Daß all' dein Lieben nichts gewesen,
Als Wiederschein von meiner Glut.
Erwacht beim jungen Morgenrothe,
Fand ich dich kalt und abgehärmt,
Und sah, daß ich nur eine Todte
Für kurze Zeit an mir erwärmt.
Dem Flüchtling gleich, dem Mann des Wehes,
Der, müd' gehetzt, mit wundem Fuß,
Sein schönes Kind im Reich des Schnee's
Halb Leiche schon verlassen muß -
So lass' auch ich auf meinem Gange
Dich qualvoll, mit gebrochnem Blick,
Erstarrend und mit bleicher Wange,
Unrettbar hier dem Frost zurück.
Leb' wohl! Du warst mein ganzes Leben,
Den besten Segen auf dein Haupt!
Mag dir der Himmel mild vergeben,
Daß du an Liebe noch geglaubt.
Ich sag' in dir mit tausend Schmerzen
Der Zukunft und der Seligkeit
Und dem Vertrau'n auf Menschenherzen
Ein Lebewohl für alle Zeit.
aus: Gedichte von Alfred Meißner
Zweite stark vermehrte Auflage
Leipzig Friedrich Ludwig Herbig 1846