Nachtwache der Liebe

Nachtwache der Liebe, du Sabbat im Herzen,
Du singende, herzenverjüngende Zeit,
Du Weihnacht bei duftigen, luftigen Kerzen,
Sei ewig und ewig gebenedeit!

Ein Wandeln im Schatten wildrauschender Palmen,
Ein Schaukeln im Kahne in träumender Ruh,
Ein Beten im Dome bei hallenden Palmen,
Nachtwache des liebenden Herzens, bist du!

Sie schloß mich an sich mit den blühenden Armen,
Sie haucht' mir in's Ohr ein unsterbliches Wort -
Ich kniete und flehte: o habe Erbarmen,
Und küss' mir die zagende Seele nicht fort!

Nun wandl' ich im Dämmerlicht blühender Bäume,
Ich fasse der Nachtigall Jubel und Schmerz,
Ich zähle die Sterne, ich wache und träume -
Ein schwebender Stern ist mein seliges Herz.

Nachtwache der Liebe, du Hoffen und Wähnen,
Du Sabbat im Herzen, du heilige Zeit,
Du Seligkeit nächtig verrinnender Thränen,
Sei ewig und ewig gebenedeit!

aus: Gedichte von Alfred Meißner
Zweite stark vermehrte Auflage
Leipzig Friedrich Ludwig Herbig 1846

Collection: 
1846

More from Poet

  • Ich war ertrunken in des Todes Wogen
    Und wieder auferwacht im ew'gen Lichte,
    Rings um uns stand die Wahrheit der Gedichte -
    Ich sah mit dir herab vom Himmelsbogen.

    Da in der Tiefe kam ein Stern gezogen,
    Ein Stern, zertrümmert...

  • Ich träumte lang und war der Schmerzen Beute
    Ich bin erwacht und fühle mich genesen,
    Ich harre dein – wann kommst du süßes Wesen?
    Schon hallt von Dom das stille Nachtgeläute.

    Sieh wie mein Stübchen prangt! heut Morgens streute
    ...

  •  
    Gebrochnes Herz, zerriss'nes Leben,
    Gefallner Engel, stumm und blaß,
    Dem ich an Rosen wollte geben,
    Was eine junge Brust besaß;
    Geliebtes Unglück schöner Tage,
    Geknickte Lilje, irrer Geist,
    Der heute...

  • (An H.)

    Eine Silberlichtspur folgt dem Kahn
    In der stillen Nacht auf seiner Bahn -
    So ließ dein Erscheinen eine helle
    Spur in meines Lebens dunkler Welle.

    Jene Spur, die in den Wassern ruht,
    Wird verschwinden mit...

  • Du, meine schöne junge Rose,
    Die mir an's Herz das Schicksal warf,
    Daß nun das Herz, das hoffnungslose,
    Nicht mehr in sich verzagen darf,

    Du bringst mir meinen Frühling wieder,
    In frische Purpurglut getaucht,
    Es ist...