Frühlingsatem

Eine Liebesfrohheit hat meine Wangen rot gepudert.
Mein Atem mischt sich weich dem Tagwind.

Wo ich die Straßen betrete, sind sie zum Festzug bereitet.
Ein blumiges Schauvolk festschreitet und gleitet.

Menschen erwartungs-groß haben sich aufgestellt,
Aus allen Fenstern kommen Blicke zu mir Sonntag-erhellt.

Mit bloßem Kopfe und mit vor Jungkraft federnden Zehen
Muß ich immer und immer durch Sonnenstraßen gehen.

Ich habe ein fernblaues Mädchen am Ende der Straße erschaut,
Das liebruhelos Säulen von Sonnenstaub vor mir baut.

Und während ich gehe, geht in meiner Herzbrust jemand
mit viel schnelleren Füßen
Und ruft: Wir werden heut küssen! küssen!

Weichluft-umschlungen verzittert mein Jubelschrei hinab in die Brust,
Und mein Atem strömt ab in den Wind. Von Dächern weht
ein Gelächter. (S. 28)

Collection: 
1917

More from Poet

  • Laß mich meine Hände um deine Gelenke spannen
    Und meine Stirn an deine Schulter lehnen,
    O du umträumte Geliebte!

    Ich schleppe meine Stunden durch Straßen, Kontore
    und windige Treppenhäuser,
    Und alle Augen, die mir begegnen,...

  • Eine Liebesfrohheit hat meine Wangen rot gepudert.
    Mein Atem mischt sich weich dem Tagwind.

    Wo ich die Straßen betrete, sind sie zum Festzug bereitet.
    Ein blumiges Schauvolk festschreitet und gleitet.

    Menschen erwartungs-groß haben sich...

  • In deinem Zimmer fand ich meine Stätte.
    In deinem Zimmer weiß ich, wer ich bin.
    Ich liege tagelang in deinem Bette
    Und schmiege meinen Körper an dich hin.

    Ich fühle Tage wechseln und Kalender
    Am Laken, das uns frisch bereitet...

  • Im Wasgenwald tönte der Abendwind.
    Ich ging in Straßburgs Sommerstraßen.
    Vom Wasgenwald wehte Musik über Dächern,
    Daß alle die Giebel und blanken Zinken
    Erglühend zitterten.

    Ums Münster aber war die Luft von Purpur....

  • Dein Auge ist grün und kalt wie ein Alpensee,
    Gespeist vom reinen Ewigen-Schnee.
    Drin ruht im dunkeln Felsengrund
    Verwunschen ein Schatz, von Gold und Rubinen schwer.
    Davon hat Kunde nur ein Dichtermund. -
    Sonst weiß es keiner...