Dafne sucht die Sylvia zur liebe zu bewegen Aus dem Amynta des Torquato Tasso

O wie kanstu dies nur glauben /
Thut sich der bock der Zieg' aus feindschafft zu?
Ist ein jung ochs' ein feind der jungen kuh?
Und hast der täuber tauben?
Meinstu daß diese lenzen-zeit /
Will zorn und feindschafft munter machen?
In der doch vieh und menschen lachen /
Ja sich die ganze welt erfreut:
Du must dich gegen alle schämen /
Weil du dein selbst nicht wahr kanst nehmen.
So viel in diesem umkreiß ist /
Ist alles voll / voll süsser liebesschmerzen;
Schau nur wie dort mit girrend-frohem herzen /
Der täuber seine taube küst:
Gib auff die nachtigal nur acht /
Wie sie von äst auff äste springet /
Und mit verbuhlter stimme singet:
Ich lieb' ich liebe tag und nacht.
Die natter läst ihr gifft selbst fahren /
Mit ihrem buhler sich zu paaren:
Die rauhen tieger sind verliebt:
Der Löwe laufft voll brunst in dem gefilde;
Nur deine brust ist also kalt und wilde /
Daß sie ihr keinen sitz nicht giebt.
Was aber sag' ich nur von tieger / löw' und schlangen?
Weil jedes dieser fühlen kan:
Schau die verliebten pflanzen an /
Wie dort der Ulmenbaum die reben-äst umfangen /
Die Weiden fühln die heisse liebes brunst:
Schau wie die Tanne Tannen liebet:
Die Fichte Fichten küsse giebet:
Die erl' umarmt die erle nicht umsonst /
Das süsse lieben kan erweichen
Die Rinde der verjahrten Eichen;
Du würdest / hätte dich ihr geist genommen ein /
Die seuffzer ihrer brunst vernehmen;
Allein du wilt dich nicht bequemen /
Und rauher noch als alle stauden seyn.
(Theil 4 S. 63-64)

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991 (Neudrucke deutscher Literaturwerke)

Collection: 
1838

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