Nach Rudyard Kipling
Was ist ein Weib euch, - daß ihr uns meidet
und den Herd und den Acker, die euch verleidet,
wenn die, die zu Witwen uns macht, uns scheidet.
Sie hat keine Halle um euch zu gasten,
nur ein kühles Bette, drin alle rasten,
- Eisberge und Sonnen, die verblaßten.
Sie hat keinen weißen Arm, euch zu halten,
nur die Finger des Unkrauts, die euch umkrallten,
wo die Flut euch antrieb in Felsenspalten.
Und doch, wenn den Sommer wir nahe wähnen
und das Eis bricht und Birkenknospen sich dehnen, -
alljährlich kehrt ihr von uns euch mit Sehnen.
Ihr krankt nach dem Lärm und dem Zuruf der Schlachten,
Ihr stehlt euch zum Meer, wo die Wellen erwachten,
eure Schiffe im Winterschlaf zu betrachten.
Ihr vergeßt eure Lust, euer Schwatzen beim Essen,
eure Rinder und Pferde habt ihr vergessen,
um das Schiff zu teeren, die Taue zu messen.
Und dann stoßt ihr ab, wenn Sturmwolken sich ballen
und der hohle Ton eurer Ruder, die fallen,
ist, was für Monde uns rückbleibt, uns allen.
Ach, was ist das Weib euch, daß ihr es meidet
und den Herd und den Acker, die euch verleidet,
wenn die graue Witwenmacherin uns scheidet ...
Aus: Alma Johanna Koenig Liebesgedichte
F. G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung Wien und Leipzig 1930
Aus der "Windsbraut"