Es senkt des Frühlings süßer Friede
Sich mit der Abendluft herab.
Es legt, vom eignen Glanz so müde,
Die Sonne ihre Strahlen ab.
Da breitet sich so tiefe Stille
Rings auf des Frühlings Abendruh',
Und segnend deckt des Vaters Wille
Die Welt mit süßem Schlummer zu.
Rings schweigt der Wald im Frühlingsschleier,
Noch sind die Blüthen nicht erwacht,
Noch schmettert nicht zur Abendfeier
Die Minnesängerin der Nacht.
Es läßt der Frühling tief verborgen
Die ersten blauen Veilchen blüh'n,
Er webt sein Kleid zum Hochzeitsmorgen
Aus seinem frischen jungen Grün.
Und durch des Frühlings süße Ruhe
Klingt eine Stimme, wohlbekannt;
Sie spricht: Sei still, zeuch aus die Schuhe,
Denn wo Du stehst, ist heil'ges Land!
Erkenne Deines Gottes Tritte,
O öffne freudig Herz und Sinn!
Er wandelt durch des Frühlings Mitte,
Er bringt den Frieden, - nimm ihn hin!
aus: [Anna Karbe] Immergrün
Lieder einer früh Heimgegangenen
Mit einem Vorworte von Emil Frommel
Berlin Verlag von Wiegandt & Grieben [1876]