Es ist kein Tag, an dem ich dich nicht rief,
Und mitten in der Wirrnis grauer Stunden,
Mein ganzes Sehnen jäh von dannen lief,
Bis du es vor der Schwelle aufgefunden.
Und keine Nacht sinkt über mich herein,
In der sich meine Hände nicht erheben,
Als säh ich aus dem Dämmermondenschein
Dein bleiches Haupt zu mir herniederschweben.
Verdürstet schlepp' ich mich in deine Näh'.
O, ein paar Tropfen, um das Herz zu laben!
Laß mich den Becher, den ich vor mir seh',
Den Cyperwein der Liebe laß mich haben.
Du aber lächelst grausam meinem Weh
Und hast mir einen andern Trunk beschlossen,
Der Freundschaft abgestand'nen Fliederthee,
Lauwarm gereicht und bitterlich genossen.
aus: Ausklang. Neue Gedichte aus dem Nachlaß
von Ludwig Jacobowski
Herausgegeben und mit Einleitung versehen
von Dr. Rudolf Steiner
Minden in Westf.
J. C. C. Bruns Verlag 1901