Um eine Kugel Elfenbein
Hat Seidenfäden sie gezogen,
Und stickt in gelben Atlas ein
Seltsam Getier mit Schnabelbogen.
Jetzt ruht die fleiß'ge Hand sich aus
Und bleibt im Schoß ermüdet liegen.
Durchs Fenster schweift ihr Blick hinaus
Und folgt den finstern Wolkenzügen.
Liegt auch im Schatten ihr Gesicht,
Ich mein jetzt ihren Blick zu spüren,
Indes im roten Lampenlicht
Sich kaum die Fingerspitzen rühren.
Wir horchen still ... der Ofen surrt
In Gluten, die zusammenprasseln;
Ans Fenster stößt der Wind und murrt
Zum rauhgetönten Wagenrasseln.
Da fällt's mir unversehens ein:
Wenn sie die Fäden fallen ließe,
Daß, abgerollt vom Elfenbein,
Sich Ketten schmiegten um die Füße,
Ich nähm's für einen stillen Gruß,
Unsichtbar einem fremden Dritten,
Und streifte vom beglückten Fuß
Sie nicht um hunderttausend Bitten!
aus: Leuchtende Tage. Neue Gedichte
von Ludwig Jacobowski
Dritte Auflage Berlin 1908