Umbrische Nächte

Tandem venit amor, qualem texisse pudore,
Quam nudasse alicui, sit mihi fama minor.
Tibull

I.
Du hattest unter Kuß und Kosen
Der Stirne Lorbeer mir entlaubt,
Und kränztest nun mit wilden Rosen
Bachantisch lächelnd mir das Haupt.

Erst ward im Träumen und im Sehnen
Mein Aug' so trüb, mein Herz so krank,
Da war es, daß mir unter Thränen
Die Harfe dumpfen Klangs entsank.

Und als, die Schwüre zu erwidern,
Dem Kuß sich bot dein Angesicht,
Da schwoll mein Herz von tausend Liedern,
Allein die Harfe rührt' ich nicht.

Doch diese Nacht, die Nacht der Wonnen,
Will ich im Jubelklang vergehn!
Heut' soll die Gluth von tausend Sonnen
Aus meinen gold'nen Saiten weh'n.

Drum reich' die Becher, reich' die Kränze!
Mir führt die trunk'ne Hand Properz.
So klingt's und blüht's in keinem Lenze,
Wie in des sel'gen Dichters Herz.

Collection: 
1859

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