1.
So gern möcht' ich dir sagen,
Wie heiß meine Seele dich liebt,
Doch stille sitz' ich und träume -
Du glaubst wol, ich wäre betrübt.
Doch lege die Hand nur auf's Herze
Und fühle, wie's pochet und glüht,
Und schaue mir tief in das Auge
Und sieh, wie es flammet und sprüht!
2.
O könnt' ich mit dir wallen,
Du bleicher Mondenschein,
Ich schlich mich ganz verstohlen
In Liebchens Kämmerlein.
Und haucht' auf Mund und Stirne
Ihm wol der Küsse viel,
Und trieb in seinen Locken
Ein wunderliches Spiel.
Und Liebchen würde träumen
Gar wunderliches Zeug,
Von Kuß und Händedrücken
Wie Mondenschein so weich.
3.
Laß uns den Augenblick genießen,
Sprich nicht von der Vergangenheit,
Und laß die Zukunft sich verhüllen
Im Nebelmeer der Ewigkeit.
Und liebe mich mit heißer Seele,
So lange du mich lieben kannst,
So lang du noch mit Gluthverlangen
Die starken Arme um mich spannst.
Daß ich dich einst verlieren könnte,
Mein süßes Lieb, ich fürcht' es nicht -
Dein Lieben kann ja erst erkalten,
Wenn dir mein Herz die Treue bricht.
4.
Mein Lieb, du bist ein Engel,
Ich seh' es täglich mehr.
Daß ich so glücklich würde,
Ich dächt' es nimmermehr.
Daß unter deinen Küssen
Mein Herz so voll und ganz
Ein Röslein sich erschlösse
Im Frühlingssonnenglanz:
Wer hätt' das ahnen sollen,
Wer hätte das gedacht!
Das Glück ist mir gekommen
So plötzlich über Nacht.
5.
Am Himmel schimmern viel tausend Sterne
Und schauen mir zärtlich in's Herze hinein,
Das aber seufzet aus tiefsten Grunde:
"Mein Liebchen, könnte ich bei dir sein!"
Und auch der Mond, der bleiche Geselle,
Er lächelt so kalt und so frostig mich an,
Doch seufzet mein Herz aus tiefstem Grunde:
"O wäre ich bei dem geliebten Mann!"
Ach, Mond und Sterne sind kalt und schaurig
Und schrecken mein heißes Herze zurück,
Mein heißes Herze glühet und flammet,
Flammet wie Liebchens verlangender Blick.
6.
Du machst es denn doch auch gar zu kraus,
Du machst es denn doch auch gar zu bunt,
Und lachest du mich noch einmal aus,
So küß ich dich auf den Mund.
Und wenn du mich wieder küssen willst,
So mach ich es eben so kraus,
Und wenn deine Lippe verlangend bebt,
So lach' ich dich wiederum aus.
7.
Die Sehnsucht scheucht den Schlummer,
's ist längst schon Mitternacht,
Es hat gewiß im Traume
Mein Lieb an mich gedacht.
O könnt' ich zu dir fliegen,
Ein buntes Vögelein!
Ich pickte an dein Fenster,
Dann ließest du mich ein.
Nun aber sitz' ich traurig
Und, ach, so einsam hier,
Wenn ich nur schlafen könnte,
Ich träumte gewiß von dir.
8.
Die Blumen auf dem Fenster
In meinem Kämmerlein,
Die schlummern, ach, so süße
Im hellen Mondenschein.
Der Mond, der lose Buhle
Küßt sie viel tausendmal
Und spottet meiner Sehnsucht,
Und spottet meiner Qual.
Könnt' ich zu dieser Stunde
Doch auch ein Blümchen sein,
Und wärest du, mein Leben,
Der süße Mondenschein!
aus: Deutscher Musenalmanach
für das Jahr 1850
Herausgegeben von Christian Schad
Nürnberg 1850