Die Schönheit

 
Wie lieblich ist des heitern Himmels Wonne,
Der reine Mond, der hellen Sterne Heer,
Aurorens Licht, der Glanz der güldnen Sonne!
Und doch ergetzt ein schön Gesicht weit mehr.
Der Tropfen Kraft, die Wald und Feld verjüngen,
Belebt sie kaum, wie uns ein froher Kuß,
Und nimmer kann ein Vogel süßer singen,
Als uns ein Mund, den man verehren muß.

Eleonor! auf Deren zarten Wangen
Der Jugend Blüht in frischen Rosen lacht,
Und Zärtlichkeit, Bewundrung und Verlangen
Dir, und nur Dir so zeitig eigen macht;
Ob Psyche gleich die Liebe selbst regierte,
Als sie, mit Recht, des Gottes Göttinn hieß;
So glaub ich doch, daß ihn nichts schöners rührte,
Als die Natur in Deiner Bildung wies.

Dein Auge spielt und Deine Locken fliegen
Sanft, wie die Luft im Strahl der Sonne wallt;
Gefälligkeit und Anmuth und Vergnügen
Sind ungetrennt von Deinem Aufenthalt.
Dir huldigen die Herzen muntrer Jugend;
Das Alter selbst beneidet Deinen Witz.
Es wird, in Dir, der angenehmsten Tugend,
Und nirgend sonst der angenehmste Sitz.

Man schmeichelt mir, daß, in zufriednen Stunden,
Eleonor auch meine Lieder singt,
Und manches Wort, das viele nicht empfunden,
Durch Ihre Stimm' in aller Herzen dringt,
Gewähre mir, den Dichter zu beglücken,
Der edler nichts als Deinen Beifall fand,
Nur einen Blick von Deinen schönen Blicken,
Nur einen Kuß auf Deine weisse Hand.

Collection: 
1775

More from Poet

  •  
    Gewiß! der ist Beklagens werth,
    Den seine Göttinn nicht erhört;
    Dem alle Seufzer nichts erwerben.
    Er muß fast immer schlaflos seyn,
    Und weinen, girren, winseln, schreyn,
    Sich martern und dann sterben.

    ...
  • Erwache, schöne Schläferinn,
    Falls dieser Kuß nicht zu bestrafen:
    Doch wenn ich dir zu zärtlich bin;
    Schlaf, oder scheine mir zu schlafen.

    Die Unschuld, die nur halb erwacht,
    Wann Lieb und Wollust sie erregen,
    Hat...

  • Ergebet euch mit freyem Herzen
    Der jugendlichen Fröhlichkeit:
    Verschiebet nicht das süße Scherzen,
    Ihr Freunde, bis ihr älter seyd.
    Euch lockt die Regung holder Triebe;
    Dieß soll ein Tag der Wollust seyn:
    Auf! ladet...

  •  
    Du Schmelz der bunten Wiesen!
    Du neu-begrünte Flur!
    Sey stets von mir gepriesen,
    Du Schmelz der bunten Wiesen!
    Es schmückt dich und Cephisen
    Der Lenz und die Natur.
    Du Schmelz der bunten Wiesen!...

  •  
    Du holder Gott der süßten Lust auf Erden,
    Der schönsten Göttinn schöner Sohn!
    Komm, lehre mich die Kunst, geliebt zu werden;
    Die leichte Kunst zu lieben weis ich schon.

    Komm ebenfalls und bilde Phyllis Lachen,...