An Phyllis
Holde Phyllis, die Göttinnen
(Traue mir die Wahrheit zu)
Waren anfangs Schäferinnen
Oder Mädchen, so wie du.
Eine, die mit blauen Augen
Mehr als Männerwitz verband,
Konnte zur Minerva taugen
Und erwarb den Götterstand.
Dichterinnen hießen Musen
Und entzückten Herz und Ohr.
Reifer Schönen volle Busen
Bildete die Ceres vor.
Die durch Jugend uns ergetzte
Schien, mit Recht, des Tempels werth,
Den man ihr, als Heben, setzte,
Die der stärkste Held verehrt.
Eine ward, in spröder Blässe
Und in strenger Häuslichkeit,
Hüterinn der Feueresse
Und die Vesta jener Zeit.
Die durch Reiz und Unglücksfälle
Sich den Raub der Grobheit sah,
Ward in ihres Ehstands Hölle
Kläglich zur Proserpina.
Majestätische Geberden,
Hoheit, die sich nie vergaß,
Ließen die zur Juno werden,
Die so großen Geist besaß.
Krone, Scepter, Wolken, Pfauen
Mussten ihren Muth erhöhn;
Zum Exempel aller Frauen,
Die das Regiment verstehn.
Ihr so wohlgepaarten Beyde:
Schönheit und Empfindlichkeit!
Und auch du, o süße Freude!
Mund, der lächelnd Lust gebeut;
Rosen aufgeblühter Wangen;
Schlaue Blicke; lockicht Haar!
Ihr nur stellet dem Verlangen
Venus oder Phyllis dar.
Phyllis! ja, in jenen Zeiten,
In der alten Götterwelt,
Wären deinen Trefflichkeiten
Gleichfalls Opfer angestellt:
Gleichfalls würden deinen Wagen
Tauben oder Schwäne ziehn,
Dich die Liebesgötter tragen
Und mit mir nach Paphos fliehn.