Märchenwunder

Nun laß mich träumen, laß mich schwärmen,
Mich ruhen still an deiner Brust,
Voll süßem Bangen, bittrem Härmen,
Ach und unendlich hoher Lust.

O laß mich sinnend noch gedenken
Der sehnsuchtsvollen Hoffnungszeit,
Erinn'rung, laß die Flügel senken
Still über meine Seligkeit!

Ich träumte in der Kindheit Tagen
Das Märchen, das sich heut' begibt;
Zur Wahrheit werden Wundersagen,
Wenn sich zwei Herzen treu geliebt.

Und gleich' ich nicht dem Königskinde,
Das überdacht von Rosen schlief,
Bis eine Stimme, süß und linde,
Zum Leben es aus Träumen rief?

Und dann ein freudiges Bewegen,
Und Festgeläut und Kuß auf Kuß,
Und langer Jahre Glück und Segen;
Das ist des Märchens schöner Schluß.

Collection: 
1905

More from Poet

  • Schöne Meßnerin!
    Holde Führerin
    Durch die Kirche unsrer lieben Frauen!
    Eh' von hier ich schied,
    Will ich diesem Lied
    Einen flücht'gen Gruß an dich vertrauen.

    Mit beredtem Mund
    Gabest du mir kund,...

  • Wie wenn die Frau dem Mann was stickt,
    Sie meint, es soll geheim geschehen,
    Doch hat er alles längst erblickt.

    Bist du auch fern so manche Weile,
    Du siehst mir doch hinein ins Blatt,
    Ich schreib' dir keine einz'ge Zeile,...

  • Wenn wir einst vereinte Funken
    In der großen Gottesglut,
    Oder Tropfen still versunken
    In der Seligkeiten Flut:

    Nimmer doch vergessen dürfte
    Ich dein Händchen, schneeweiß, klein,
    Kuß auf Kuß, den dort ich...

  • Die Zeit, wo wir noch schmachten müssen,
    Küss' immer mich die Rose satt,
    Die du gesandt, aus jedem Blatt
    Grüßt mich dein Mund mit tausend Küssen!

    Doch kommt die Zeit, Herz, wo dein Kosen
    Den Frühling mich vergessen läßt,...

  • Blumenaugen lügen nicht,
    Wie auch Mädchenblicke lügen,
    Blumensprache kann nicht trügen,
    Blumenaugen lügen nicht.

    Wollt'st du, als ich gehn gemußt,
    Keinen Blick mir zugestehen,
    Hat mich freundlich angesehen...