Dein Mädchenzimmer — seltsam ist die Luft,
Halbwelk im Glas verschwült der blaue Flieder.
Darüber zieht ein andrer, feinrer Duft,
Entströmt der Fülle deiner jungen Glieder.
Es liegt dein Bett noch von der Nacht zerwühlt,
Und seine Wärme spür' ich mit den Händen —
Ach, diesen Flaum hat deine Brust gefühlt,
Hier lag dein Haupt und dorten deine Lenden!
Zerspring nicht, Herz, und klopft nicht gar so laut!
Ich werf' mich hin und deck' mit tausend Küssen
Das seel'ge Linnen, dem zur Nacht vertraut,
Was sonst der Mond nur und mein Sehnen wissen.
Mit warmen Hüllen hüllt es nachts dich ein.
Mit heißren Hüllen soll mein Kuß dich decken.
Und diese Küsse soll'n die Stimmen sein,
Die deine Seele aus der Kindheit wecken!
Wenn du zum Schlaf die Glieder rosig dehnst,
Soll ihre Glut dir jeden Schlaf verjagen,
Bis du auch glühst und dich nach Armen sehnst,
Die dich als Weib aus heißer Taufe tragen! —
aus: Die singende Sünde
Neue Gedichte von Georg Busse-Palma
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München o. J. [1903]