Pierrots Liebe

1.
Die beiden Hände hast du mir gegeben
Und lieb und zärtlich mich dazu geküßt.
Ich nahm dein Herz und schenkte dir mein Leben,
Mein Weib und Kind, die du mir beides bist.

Du warst zu jung, um gleich mit mir zu kommen.
Weil ich dich liebte, ging ich fort von dir.
Doch deine Treue hab' ich mitgenommen
Und meine Sehnsucht ließ ich dir dafür! — —

2.
Wohl dem, der eine Hoffnung hat!
Mich hat sie heimgeführet.
Prinz Karneval lärmt durch die Stadt
Und ich auch geh' maskieret.

Zwei lange Jahre blieb ich aus.
Nun frei' ich mir mein Mädel!
Viel lust'ger als das Festgebraus
Spukt das mir durch den Schädel.

Wo sich am Markt die Menge staut
Treff' ich das Kind am Ende
Und küß der süßen kleinen Braut
Ganz närrisch froh die Hände! — —

3.
Halloh, die Colombine dort,
Wie sie das Röcklein schwinget!
Sie hält das Haupt mir abgewandt,
Und doch, mein Herz hat "sie" erkannt
Und jubelt auf und singet!

Doch halt! ein schmucker Kavalier
Ist plötzlich bei der Kleinen.
Er drückt die Hand ihr lieb und lind —
Mir scheint, als ob es Brautleut' sind.
Mein Herz wird weh zum Weinen!

Ich schleich' mich heimlich hinter sie —
Da hör' ich süße Sachen:
— Komm zu mir, wenn der Vollmond scheint! —
— Doch nur ein Stündchen, süßer Freund! —
Mein Herz zerspringt vor Lachen. —

4.
Ich trug bis heut auf meiner Brust
Ein Mädchenhemd in treuem Sehnen.
Was einst nur ich und es gewußt,
Ist heut vertraut für den und jenen.

Die kleinen Brüstchen wurden voll,
Seit diese Spitzen sie umgaben.
Mein keusches Kind ward männertoll
Und ist für jedermann zu haben!

O Gott, ich armer Pierrot!
Mir brennt das Herz, mir brummt der Schädel.
Das kommt von elendem Bordeaux
Und einem schlechtgewordnen Mädel!

Ich will ganz still nach Hause gehn.
Schon rinnt die Schminke von den Backen,
Und es ist greulich anzusehn,
Wenn einen Narrn die Tränen packen ...

5.
Fern war ich lange,
Und sehnender Schmerz
Füllte mir bange
Nach ihr nur das Herz.

Da ich aufs neue
Zurück nun gekehrt:
Sehnsucht und Treue,
Sie war sie nicht wert!

Die unerschlossen
Als Knospe ich ließ,
Siehlt sich in Gossen
Und war einst so süß.

Herr, hab' Erbarmen
Mit Pierrots Not!
Ihr aus den Armen
Umarm’ mich der Tod! —

aus: Die singende Sünde
Neue Gedichte von Georg Busse-Palma
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München o. J. [1903]

Collection: 
1903

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