Die weiße Qualle

Dein Leib, vielgliedrig, ist ein tierhaft Gewächse aus Fleisch.
Fischer haben entsetzt dich heraufgezogen in ihren Netzen:
Eine menschliche Qualle, ein Fabeltier, eine weisse Spinne.

Händler haben dich auf den Markt geworfen und ausgeschrieen.
Eine Palast aus Bambus hat man dir aufgebaut.
Ein Gehäuse hat man dir hergerichtet voll Seltsamkeit.

Du liebst es, nackt ausgestreckt auf dem Rücken zu liegen
Stunden- und tagelang. Du heftest nur widerwillig dich an das Herz
Der Männer. Langsam ist dein Umschlingen. Langsam dein Austasten.

Aber dann saugst du dir unerbittlich die Nahrung:
Hirn und das Herz und ein wenig Lunge. Dein Leib bleibt kühl,
Nur daß er mit Rosen schwillt, durchsichtig, und duftet nach Tang.

Oft auch ist dein Gemach eine glitzernde Fläche aus Tränen.
Dann sehnst du dein fernliegend Reich zurück und die Zymbeln der Sonne,
Phantastischer Träume voll, die von den Zähnen dir klingen.

So bist du ein Abenteuer, das roh in den Alltag verschleppt ward.
Feuer auf Goldgrund. Affen und grüne Geigen und Unzuchtsbäume.
Der Himmel ist deinen schiefen Augen eine brennende Glasmalerei.

Du hast deinen Kelch geöffnet. Du bist eine Raubblume im Käfig.
Du hast deine Fingerspitzen mir an die Schläfen gesetzt.
Ich taumle hernieder, von Wahnsinn getroffen, und zittre im Fallen.

II.
Ich will dich Meer nennen, wenn unsre Liebe stammelt
Und du mich stössest gleich einem haltlosen Schiff,
Das auf Wogen der Wollust schaukelt.

Mit deines Rückens blanker Geschmeidigkeit
Sollst du das Bett uns glätten, daß es sich wölbend schliesst
Über uns wie die Muschel sich schließt über Perlengut
Das im Scharlachbaum der Korallen hängt.

Deine gewölbten Zähne blinken wie ein Türkishalsband.
Deine Brüste stehen da wie die Tortürme
Einer bestürzten Stadt, die den Feind erwartet
Aus der Ebene.

Dreimal geöffnet ist mir dein Leib, in Reife dahingestreckt
Mit tauglänzenden Gliedern, daß er geplündert werde.
Du bist sehr wirr und voll Taumel und läßest den Feind ein.

Aber ich liebe dich, weil dir der Brunnen des Lebens
Jauchzt in der Brusthöhle, selig und übersüß.
Weil du mein Becken der Qualen bist, das ich lachend

Umschließe mit meinen Armen. Du bist nur ein Schrei noch,
Ein in Musik gebrochener. Und du wirst Worte finden
Lieblich und klein wie die Veilchenschar, die versammelt ist
An den Abhängen der Kalkfelsen.

Collection: 
1923

More from Poet

Es lässt mir keine Ruhe,
Dass du gegangen bist,
Dass du in diesem Hause
Mein Kind gefangen bist.

Sie geben dir schlechtes Essen
Und quälen dich aufs Blut,
Du aber lächelst mit allen
Du bist so gut.

...

O Phemie: uns ist der Mond ein großes gelbes Tulpenbeet
(Es wälzen keuchend sich vom Horizonte Hollands taube Strahlen).
Vermischt sich Apfelmusgehirn mit Loderherz; kommt Eros viel zu spät
Und wir befinden uns weitaus am wohlsten in der Vertikalen....

Der Blas- und Eu-Phemieen reiche Kette
Hab' ich geschlungen dir, Geliebte, um das Bein.
Und wenn ich sonst nichts von Belang mehr täte,
So könntest du mir Kakadu und Sperber sein.
Erinnre dich der Nacht in jenem Bette,
Als eine...

Dein Leib, vielgliedrig, ist ein tierhaft Gewächse aus Fleisch.
Fischer haben entsetzt dich heraufgezogen in ihren Netzen:
Eine menschliche Qualle, ein Fabeltier, eine weisse Spinne.

Händler haben dich auf den Markt geworfen und ausgeschrieen....

In deinen Blicken wiegt sich der Frühling,
Rosengeflecht und ein Apfelzweig
Schaukeln ihn duftend einher.

Auf deiner Lippen Granat- und Marmorsitz
Streiten zehntausend Lerchen in süßem Tumult
Wähnend sie säßen im Morgenrot....