Namenlos

Ich habe nur ihr großes Herz gekannt
Und ihres teuren Leibes Paradies. -
Nicht weiß ich, wer sie war und wie sie hieß,
Denn ihren Namen hat sie nie genannt.
Doch auch den meinen wies sie stolz zurück:
"Ich brauch' ihn nicht! – In meiner Seele lebt
Für alle Zeit das namenlose Glück,
Mit der Erinnerung an Dich verwebt." -

Du bist ihr gleich, Du bräunlich blasses Kind. -
Dein tiefgelegenes, dunkles Auge rief
Vergangnes jach empor. – Ein Wirbelwind
Wühlt Alles auf, was tränenmüde schlief.
Und wieder flutet um das teure Bild
Der süßesten Erinnerungen Meer,
Und aus der Seele, stoßend, dumpf und schwer,
Ein fassungsloses Schluchzen bricht und quillt.

2.
Manches Mal, in stillen Nächten,
Steigt mir noch Dein Bild empor
Und ich kann's nicht, kann's nicht fassen,
Daß ich Dich so ganz verlor.

Deine großen, braunen Augen,
Mit den Wimpern lang und schwer,
Blicken ganz noch wie vor Zeiten
Warm und innig zu mir her.

Als in jener dunklen Stunde
In das fremde Land Du gingst
Und zum allerletzten Male
Weinend mir am Halse hingst,

Damals hast Du mir versprochen:
"Hören wirst Du bald von mir"
Aber niemals kam ein Zeichen,
Niemals nur ein Gruß von Dir.

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Wilder Schmerzen wüstes Toben
Hat in Wehmut sich gewandt,
Und im raschen Lauf der Tage
Selbst Dein Bild dem Geist entschwand. -

Manchmal nur in stillen Nächten
Steigt es mir noch heiß empor -
Und ich kann's nicht, kann's nicht fassen,
Daß ich Dich so ganz verlor.

Collection: 
1914

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