Nacht

Mit stummen Glocken läutet
Die Nacht durchs müde Feld.
Mit weißen Fingern deutet
Der Mond auf die gestorbne Welt.

Mein Ohr hört eine Brandung
Die keinen Felsen hat,
Mein Auge sieht die Landung
Des Geisterschiffs an ferner Stadt.

Dort braust ein Jubelklingen
Wie’s hier kein Ohr vernahm;
Dort glänzt aus goldnen Ringen
Ein Bildnis himmlisch, wundersam.

Auf Tönen, stark und milde,
Fliegt mein entrückter Sinn;
Vor jenem klaren Bilde
Neigt sich mein Leib in Demut hin.

O Lebensstrand voll Freude,
Wie ferne magst du sein!
O selger Sehnsucht Weide,
Wo leuchtet mir dein grüner Schein?

Laß deiner Lust Gedröhne
Mir fern herüber wehn,
Und deines Bildes Schöne
Im Traum vor meinen Pfaden stehn!

Collection: 
1922

More from Poet

Z’Windischt i dr Bärlisgrueb
Vor alte lange Zyte
Händ d’Römerwyber ’s Gaudi gha,
Wen d’Christe sind cho stryte.

De Käiser het nid welle ha,
As d’Lüt zum Häiland bätte.
„Vor d’Leue mit ene!“ het’s tönt,
Wi wen si gmordet hätte.

Do ist es...

z’Nacht

Schwarz gropet d’Nacht dr Aare noh,
Käis Stärndli schickt e Häiteri.
’S mues jeden äinist ’s Läbe loh
Und usem Liecht a d’Feisteri:

Hütt isch es glych au gar so still,
Ke Gäisle ghörst, ke Ysebah!
Was äine spinnt und wärche wil...

I wil nid brieggen, i wil nid lache,
I säge kem Möntsch ekes Wörtli drvo.
’S brucht’s niemer z’wüsse und niemer z’verrote,
Und niemer cho z’froge: Wi het’s dr to?

I wil’s verwurge, i wil’s vergässe,
Wil nüt meh suechen am Jugetfest.
Und nie meh as...

Laß mich mit dir wandern –
Fern tun sich neue Berge auf,
Weit gähnt der Weg und windet sich
Durch Steingefild und Felsenschlucht.
Doch Hand in Hand, gebückt und froh,
Erobern wir die erste Fluh.
Schau’n nie zurück und halten fest,
Gestützt auf...

Vorfrühling

Schon harren tausend Knospen
Am noch verschloßnen Tor,
Dann bricht an allen Enden
Das junge Laub hervor.

     Schon wandelt an den Hängen
     Ein hoffnungslauer Wind,
     Wo bald die Anemonen
     Vom Schlaf...