Mein Vorsatz

Wie sehr lieb ich mein Mädchen nicht!
Sie hat ein allerliebst Gesicht,
Zu schön, um es recht zu beschreiben:
Doch daß, wenn sie mir untreu wär,
Ich drüber den Verstand verlöhr:
Das laß ich wohl bleiben.

Ich trinke gern ein Gläßgen Wein,
Schenkt mir Freund oder Mädchen ein,
Darzu laß ich mich niemals treiben:
Doch daß ich Nächte lang dieß trieb,
Und morgen mir die Stirne rieb:
Das laß ich wohl bleiben.

Ich wünschte mir ein eigen Haus,
Und theilte gern auch Gnaden aus
Ließ Hypothecken mir verschreiben;
Doch daß durch niedrigen Gewinn
Ich reicher würd, als ich jetzt bin:
Das laß ich wohl bleiben.

Mit einer Frau von vielem Geld,
Hat sie noch sonst, was mir gefällt,
Würd ich mich allenfalls beweiben:
Doch daß ich Schwägern demuthsvoll
Viel Reverenze machen soll,
Das laß ich wohl bleiben.

Ein Amt, wobey die Welt mich ehrt,
Das mich bequem und reichlich nährt,
Darwider werd ich mich nicht sträuben:
Doch soll ichs durch Laqueyn erflehn,
Mich krank in Antichambern stehn?
Das laß ich wohl bleiben.

Des Lebens Glück ist mir ein Freund:
Auch bin ich keines Menschen Feind,
Die oft durch Thorheit uns betäuben:
Doch daß ich aus der Narren Zahl
Vertraute hole, sonder Wahl:
Das laß ich wohl bleiben.

Noch wallt die Freud in meiner Brust;
Noch hab ich viel zu leben Lust,
Wenn mich die Welt nicht will vertreiben:
Doch daß ich winselnd Abschied nähm,
Wenn schon so früh die Parce käm:
Das laß ich wohl bleiben.

Collection: 
1758

More from Poet

  • Ja, die Vernunft bewaffnet mich:
    Nun Amor, streit ich wider dich;
    Du magst ein Gott, ich sterblich seyn:
    Nur komm, und kämpf, wie ich, allein!

    Ich sieg, und weis es im Voraus!
    Nur darfst du, dieß bitt ich mir aus,
    Den Bacchus nicht um Hülfe flehn...

  • Berette mit den gelben Haaren
    Und todtenfarbigem Gesicht;
    Jung am Verstand und alt an Jahren,
    Will mich, allein ich mag sie nicht.
    Themiren, die wie Rosen blühet,
    Um die der Frühling Liljen flicht,
    Nie Herzen preßt, nie spröd entfliehet,
    Will...

  • Es irrt Cartesius; es ist ein leerer Raum,
    Ich sehs an meinem Magen:
    Denn dieser kann das Leere kaum
    Minuten lang vertragen:
    Er will mit ausgesuchtem Wein
    Von oben angefüllet seyn,
    Und scheint mich stets zu fragen:
    Schenkst du nicht wieder ein...

  • Die Kehle tönt nicht ewig Lieder,
    Den Fuß hebt nicht stets Frölichkeit:
    Drum leert die Gläser, werthen Brüder,
    Und singt und tanzt, noch ist es Zeit!

    Was hilfts, wenn einst gleich alle Schönen
    Mit Blumen euer Grab bestreun:
    Jetzt lasset uns mit Rosen...

  • Thyrsis.
    Mein Kind, laß nicht den Lenz verstreichen,
    Mehr als mein Leben lieb ich dich.
    Ach! Chloe, liebest du auch mich?
    Willst du mir Hand und Herze reichen?

    Chloe.
    Das wird man dir auch gleich erzählen,
    Ich sage weder Ja noch Nein.
    ...