Meeresstille

Wie mich erfaßt mit heil'ger Macht
Meeresstille in dunkler Nacht!
Leiser und leiser gehen die Wellen,
Einzelne Sterne den Himmel erhellen;
Ungefährdet vom Felsenriff,
Ziehen wir sicher auf schwankem Schiff.

Woher die Stille? woher der Friede? -
Das Meer und das Herz sind sturmesmüde!
Sie haben beide gekämpft und gelitten,
Und Wogendrang und Schmerz erlitten;
Bis endlich die Hand voll Lieb' und Macht
Sie beide, beide zur Ruh' gebracht.

Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887
_____
 

Collection: 
1895

More from Poet

  • Das erste Veilchen duftig,
    So fromm und frühlingsrein,
    Wollt' länger leben und siehe!
    Dein Auge muß es sein.

    Des Sommers glühende Rose
    Wollt' auch nicht sterben bald;
    Nun lebt sie auf Deiner Wange,
    Von...

  • Wo ein blaues Flämmchen spielt
    Nächtlich über'm Grund,
    Thut es den verborg'nen Schatz
    In der Tiefe kund.

    Blaue Flamme licht und rein
    Dir im Auge lebt:
    Glücklich, wer den tiefen Schatz
    Deiner Liebe hebt...

  • Ich reite durch des Waldes Graus,
    Rings öde, dunkle Nacht!
    Es streicht mein Roß wie Flammen aus,
    Vom Sporne wild gemacht.

    Das wilde Roß, das ist mein Herz,
    Der Sporn die Liebe heiß;
    Es ist die Welt voll Nacht und...

  • Im reichen Erdenschooße
    Ruht still das Gold,
    Lautlos in Meerestiefe
    Die Perle hold.

    Himmlische Sterne schweigen
    In Ewigkeit -
    Verstummet meine Lieder
    In Seligkeit.

    Aus: Das Baltische...

  • Einmal noch im Abendstrahle
    Wollt' ich auf dem Berge stehn,
    Einmal noch zum grünen Thale
    Meinem Lieb entgegensehn.

    Ha, wie ich sie da erblickte!
    Wie sie leis und linde kam,
    Weinend an das Herz mich drückte...