Dein
Mein ganzes Leben ist nun dein für immer,
Und jeder Atemzug ist eine Frage,
Ob du mich lieb hast? – Ach, ich weiß es nimmer,
Ob ich's beneiden soll, ob ich's beklage!
Du bist die Kraft, wenn ich ermattet schwanke,
Du bist die Sonne, wenn mein Tag wird trübe -
Und geh' ich schlafen, ist's mein Nachtgedanke,
Ob du mich lieb hast – so wie ich dich liebe?
Frauensang
Es klingt der Lärm der Welt, -
Ich hör' ihn nimmer;
Denn nur was du gesagt,
Das hör' ich immer.
Die Menschen schau'n mich an, -
Kaum denk' ich dessen;
Ich hab' sie alle ja
Um dich vergessen.
O, laß mich schweigen doch,
Mein Lieb, mein Eden!
Du hast mich stumm geküßt -
Ich kann nicht reden!
Ich gab ja alles her,
Nichts ist mir blieben;
Ich kann nur eines mehr -
Dich lieben, lieben!
Aus den Nibelungen
So steht es im alten Liede,
Wo Siegfrieds Liebe loht:
"Es zwang sie zueinander
Der sehnenden Minne Not."
So ist's auch uns ergangen:
Uns wurden die Wangen rot,
Uns wurden bleich die Wangen
In sehnender Minne Not.
Wir werden auch verderben;
Denn Liebe ist stark wie Tod -
Es zwang uns zueinander
Der sehnenden Minne Not!
Beim Abschied
Du sprachst zu mir nach langem Sinnen
(Wie zitterte dein süßes Wort
Und deine Hand!): "Nun geh' von hinnen,
Ich bin dir gut – mehr nicht – geh' fort!"
Denn wenn ich dann von dir gegangen,
Dann zieht dein sehnend Bild mir nach,
Schlingt mir den Arm um Hals und Wangen
Und bittet: "Glaub' nicht, was ich sprach!"
Liebesgrüße
Wie lieb' ich dich – ich weiß es nimmer,
Denn längst ging mein Besinnen fort;
Oft mein' ich: wie den Sternenschimmer,
Mit stummer Seele, ohne Wort!
Oft mein' ich: wie die Maientage -
Wie einen jungen, grünen Baum -
Wie eine alte, schöne Sage -
Wie einen tiefen, süßen Traum -
Wie König Harald seine Mannen -
Wie Wodan seinen Eschenspeer -
So wie der Nordwind seine Tannen
Und wie der Westwind liebt sein Meer.
So mein' ich – und die Lippen beben
Um Worte, wo's kein Wort mehr gibt;
Wie lieb' ich dich? – wie ich im Leben
Noch nie Lebendiges geliebt!
Sommermorgen
(Frauenlied)
Was ist mir denn geschehen?
Bin ich vom Traum erwacht? - -
Wie meine Augen sehen!
O, wie der Mund mir lacht!
Als hätt's noch nie gegeben
So lichtes Himmelsblau;
Auf meinem ganzen Leben
Liegt es wie Morgentau.
Und in dem tiefsten Innern,
Da rieselt's wie ein Quell
Von Hoffen und Erinnern -
Wie schön ist das, wie hell!
O gold'ne Feierstunde! - -
O, komm', du heißer Mann,
Und küss' mir still vom Munde,
Was ich nicht sagen kann!
Wohin?
Es geht der Ferche auf den tiefen Grund,
Wenn ihm die Angel brennt im Silberleibe,
Und wird der Falk' an scharfem Pfeile wund,
Sorgt er im Horst, wie ihm der Fittich bleibe.
Es zieht der Hirsch zum allertiefsten Wald,
Die Todesqual und noch das Lebenshoffen
Im stummen Aug', dieweil das Hifthorn schallt -
Wo zieht der Mensch hin, der zu Tod' getroffen?!
Im Weh
Wie weh mir ist, das weißt du, Holde, nicht,
Wenn auch dein Aug' sich sorgend auf mich heftet,
Wie's mich verzehrt, wie das zerbrennt, zerbricht,
Wie meine Kraft sich in der Glut entkräftet!
Das Künftige erbleicht vor meinem Blick
Und das Gewes'ne, das Erinnern, schwindet;
Denn jeglicher Gedanke sinkt zurück,
Der du nicht bist, der dich nicht sucht und findet.
Mein Herz, mein Geist verloht im heißen Flug,
Die Seele brennt und meine Lippen beben.
"Zehrt sie sich ganz auf? – bleibt mir noch genug
Zum Leben übrig?" Und ich muß ja leben!